Papua-Neuguinea auf dem Weg zum Frieden

■ Regierung und Vertreter der seit 1990 von Papua-Neuguinea abtrünnigen Insel Bougainville wollen verhandeln. Es geht dabei um die Kontrolle der profitabelsten Kupfermine der Welt

Berlin (taz) – Heute sollen neue Friedensgespräche für die umkämpfte Südpazifik-Insel Bougainville in Papua-Neuguinea beginnen. Erstmals wollen an dieser zweiten Gesprächsrunde im neuseeländischen Christchurch auch Vertreter der Regierung teilnehmen. Ziel der Verhandlungen ist es, den neunjährigen Krieg auf der nach Unabhängigkeit von Papua- Neuguinea strebendenden Insel zu beenden. An den ersten Gesprächen im Juli nahmen nur Vertreter der von Papua eingesetzten Übergangsregierung und der sezessionistischen Interimsregierung teil.

Die Sezessionistenregierung steht der nach Unabhängigkeit strebenden „Bougainville Revolutionären Armee“ nahe, die 1989 aus Protest gegen die umweltzerstörende Ausbeutung der rohstoffreichen Insel den bewaffneten Kampf gegen die Truppen der Zentralregierung aufgenommen und Bougainville zeitweilig vollständig unter ihre Kontrolle gebracht hatte. Der Konflikt um die Insel mit 170.000 Einwohnern kostete bisher 10.000 Tote. Die meisten starben aufgrund von Krankheiten, die wegen der Blockade der Insel durch die Zentralregierung nicht behandelt werden konnten.

Am 18. Juli hatten sich die beiden rivalisierenden Regierungen Bougainvilles in einer ersten Runde auf einen vorläufigen Friedensplan geeinigt. Die sogenannte Burnham-Erklärung sieht nach weiteren Gesprächen einen Waffenstillstand, die Stationierung einer neutralen Friedenstruppe, den Abzug der Regierungstruppen Papua-Neuguineas sowie die Entwaffnung der Rebellen vor. Auch soll die von Papua-Neuguinea verhängte Seeblockade gegen die östliche Insel aufgehoben werden. Der Friedensprozeß soll darin münden, daß die Bevölkerung Bougainvilles „frei und demokratisch“ über ihre politische Zukunft entscheiden kann. Was das heißt, ist allerdings vor allem unter den politischen Führern umstritten, die bisher nicht an den Gesprächen teilnahmen. So hatte der neue Premierminister Papua-Neuguineas, Bill Skate, Ende August erklärt, daß eine Unabhängigkeit Bougainvilles nicht zur Debatte stehe. Dafür war er von Rebellenführer Francis Ona kritisiert worden.

Ona steht dem Ergebnis der bisherigen Verhandlungen skeptisch gegenüber, scheint sich aber zunehmend zu isolieren. Er kritisiert, daß die Burnham-Erklärung die von ihm angestrebte Unabhängigkeit nicht erwähnt und daß Australien als Garantiemacht vorgesehen ist. Australien sei aber nicht neutral, da es der Regierung von Papua-Neuguinea Waffen geliefert habe.

Ursache des Konfliktes ist die vom australischen Ableger des Bergbaukonzerns Rio Tinto Zinc betriebene Panguna-Kupfermine auf Bougainville, eine der größten der Welt. 1988 hatten Landbesitzer aus der Nachbarschaft der Mine gegen die von den giftigen Abraumschlämmen ausgehenden Umweltzerstörungen protestiert und Entschädigung gefordert. Als der Konzern auf die Forderungen der Landbesitzer unter Führung von Francis Ona, einem ehemaligen Grubenarbeiter, nicht einging, blockierten diese die 24 Quadratkilometer große Mine. Seitdem ist Panguna, damals die profitabelste Kupfermine der Welt und eine wichtige Einnahmequelle für die Zentralregierung, geschlossen.

Der Kampf um Panguna wuchs mit einer inselweiten Unabhängigkeitsbewegung zusammen. Gegen die Repressionen der von Papua- Neuguineas Regierung entsandten Truppen entstand die Revolutionäre Armee, die 1990 die Kontrolle über die Insel übernahm und sie für unabhängig erklärte. In Wiedereroberungsversuchen, die auf einer Blockade der Insel und dem Ausnutzen alter Stammesfehden basierten, gelang es den Regierungstruppen Papua-Neuguineas, einen Fuß auf die Insel zu bekommen und dort eine eigene Regierung zu installieren. Beide Seiten konnten aber keinen militärischen Durchbruch erringen.

Bisherige Friedensversuche scheiterten vor allem daran, daß Papua-Neuguineas Regierung immer wieder militärische Lösungen bevorzugte und Autonomieangebote halbherzig blieben. Zuletzt versuchte Anfang des Jahres Premier Julius Chan, mit teuer eingekauften Söldnern den Konflikt militärisch zu wenden. Statt dessen rebellierte im März die Armee gegen den Söldnereinsatz, und Chan wurde Ende Juni abgewählt.

Die Söldner-Krise trug mit zu den Verhandlungen bei. Der neue Premier Bill Skate kündigte für die Zeit der heute beginnenden Gesprächsrunde sogar einen Besuch in Neuseeland an. Direkt an den Verhandlungen teilnehmen wolle er jedoch noch nicht. Sven Hansen