Eine Männergeschichte

■ Zuerst wollte man den technisch avancierten Thriller von Dominik Graf gar nicht haben: "Der Skorpion", (FR., 21.15 Uhr, ZDF)

Zuerst wollte das ZDF den Film des vielfach mit Preisen ausgezeichneten Dominik Graf nicht abnehmen – es bemängelte technische „Fehler“. Doch inzwischen tritt man die Flucht nach vorn an und klopft sich kräftig auf die Schultern ob der eigenen Courage: Programm könne man eben nur mit den Besten in die Höhe treiben, spricht nun Fernsehspielchef Hans Jahnke, auch stellvertretender Programmdirektor. Und Redakteurin Caroline von Senden schreibt in Pressemappe und Zuschauerheft: „Ungewöhnliche Geschichten bedürfen einer ungewöhnlichen Form“, und vertraute Fernsehästhetik bewußt zu überschreiten sei beim ZDF keine Ausnahme. Sogar die „paar Worte“, die Regisseur Dominik Graf selbst zu seiner Philosophie des Filmemachens wider die „flache Helligkeit des elektronischen Bildes“ anzumerken hat, wurden – obgleich dreieinhalb Blatt füllend und fürs Fernsehen und seine „gesäuberten“ Bilder wenig schmeichelhaft – demonstrativ offeriert.

Dominik Graf hat auf hochempfindlichem 35mm-Film gearbeitet, die Szenen sind schnell, fast spontan gedreht, das (wenige) Licht ist meistens echt, die Kamera hatte fast immer Grimme-Preisträger Benedict Neuenfels in der Hand und nah dran an den Akteuren, die Schnitte sind schnell, Schuß, Gegenschuß, Bewegung. Die so erzeugte Unmittelbarkeit kommt auf dem Bildschirm, zumal im 16:9- Format, aber nur in vergleichsweise gedämpfter Form rüber.

Die Geschichte, die Graf erzählt, nennt das ZDF einen „Thriller“. Es geht ganz zeitgemäß um Jugendliche und Ecstasy, Drogenschmuggel, und es fallen auch diverse Leichen an. Grafs eigentliches Thema, offiziell auf die Formel Vater-Sohn-Konflikt gebracht, ist aber eine Männergeschichte. Für die hat er sich Heiner Lauterbach (als Vater) geholt, weil der „bei größter Männlichkeit die größte Ruhe ausstrahlt“ (tatsächlich aber dauernd ausrastet), und Marek Harloff (als Sohn), der sich als Jugendlicher voll undefinierter Verzweiflung bereits mehrfach empfohlen hat. Graf greift mächtig in die Kiste, man beachte das erste und das letzte Bild: es ist das der beiden sich fast berührenden Männerhände, die Michelangelo in die Mitte der Decke der Sixtinischen Kapelle gemalt hat, „die Erschaffung Adams“. Am Ende stellt Graf die Verbindung her – mit einer Pistole im Lederhalfter... Ulla Küspert