Weitergabe von Flüchtlingsdaten nur im Einzelfall

■ SPD, PDS und Grüne stimmen für Zurückhaltung der Bezirke. Duldung für 40.000 „Illegale“

Die Sozialämter sollen sich bei der Weitergabe persönlicher Daten von Flüchtlingen zurückhalten. Die Vorsprachetermine sogenannter illegaler Ausländer sollen sie nur im Einzelfall auf richterlichen Beschluß an die Ausländerbehörde melden. Das empfahl am Donnerstag der Sozialausschuß des Abgeordnetenhauses mit den Stimmen der Oppositionsparteien und der SPD dem Parlament. Der Antrag muß Ende Oktober noch den Innenausschuß passieren und wird voraussichtlich im November im Plenum abgestimmt.

Stimmt das Parlament zu, müßte Sozialsenatorin Beate Hübner (CDU) ihre umstrittene Weisung in Teilen zurückziehen. Die zwölf SozialstadträtInnen von SPD, PDS und Bündnisgrünen hatten die Aufforderung, der Ausländerbehörde die nächsten Vorsprachetermine „illegaler“ Ausländer zu melden, als „rechtswidrig“ bezeichnet und erklärt, sie ließen sich nicht zum verlängerten Arm der Polizei degradieren. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) höchstselbst hatte daraufhin sieben Bezirksbürgermeistern, deren SozialstadträtInnen die Datenweitergabe hartnäckig verweigerten, mit disziplinarrechtlichen Schritten gedroht.

Die anderen Teile der Hübner- Weisung über „Bekämpfung von Sozialmißbrauch“ bleiben nach dem Ausschußvotum gültig. Doch noch bevor das Parlament über den Antrag entschieden hat, dürfte er weitgehend gegenstandslos werden. Denn das Bundesverwaltungsgericht hatte am 25. September die Politik der Illegalisierung ausreisepflichtiger AusländerInnen als rechtswidrig bezeichnet. Nach dem Urteil des Gerichts müssen ausreisepflichtige AusländerInnen, die nicht abgeschoben werden können, eine Duldung erhalten. Damit sind sie nicht mehr illegal. Die Gewerkschaft der Polizei rechnet mit 40.000 Betroffenen, darunter 28.000 BosnierInnen, 6.000 SerbInnen und 1.500 VietnamesInnen. Die Innensenatsverwaltung äußert sich nicht zu diesen Schätzungen, da ihr die Urteilsbegründung noch nicht vorliege. Sprecher Thomas Raabe: „Wir müssen prüfen, für welche Ausländergruppen das Urteil relevant ist.“ Vorsichtshalber wurde über die Ausländerbehörde während der Herbstferien eine Urlaubssperre verhängt. Marina Mai