Bastler sprengt sich Hände weg

Innenministerium schließt einen Zusammenhang mit Briefbombenattentäter nicht aus. Bei Hausdurchsuchungen weiteres Material und Hinweise entdeckt  ■ Aus Wien Ralf Leonhard

Durch einen Zufall fiel Mittwoch abend vielleicht ein Bombenbastler in die Hände der Exekutive, nach dem seit Jahren vergeblich gefahndet wird. Zwei Frauen hatten die Polizei alarmiert, weil sie sich von dem Autofahrer verfolgt fühlten. Als ihn die Gendarmerie um 21.30 Uhr bei Gralla in der Südsteiermark anhielt, zündete der nur als Franz F. bekannte Mann eine Bombe, die ihm beide Hände und einen Unterarm wegriß. Die Gendarmen wurden nur leicht verletzt. Nach ersten Hausdurchsuchungen vermuten die Fahnder des Innenministeriums, daß ihnen jener Rechtsextremist ins Netz gegangen sein könnte, der seit fast vier Jahren mit Briefbomben Terror sät. Bei einer der Hausdurchsuchung fanden Beamte des Innenministeriums am Freitag fünf scharfe Rohrbomben und eine Sprengfalle, ähnlich jener, mit der im Februar 1995 im burgenländischen Oberwart vier Roma getötet wurden. Auf einem Zettel stand: „Bajuwaren, wir wehren uns!“ Ob Franz F. der Verfasser von Bekennerbriefen im Namen der „Bajuwarischen Befreiungsarmee“ ist, müssen die Computerdisketten zeigen, die derzeit von Experten ausgewertet werden.

Im Dezember 1993 wurden mehrere Personen durch Briefbomben verletzt, darunter der damalige Bürgermeister von Wien, Helmut Zilk. Bis Ende 1995 folgten vier weitere Serien. Den Adressaten war gemeinsam, daß sie Toleranz predigten oder sich für die Rechte der Ausländer einsetzten. Mehrere Bekennerbriefe strotzten vor deutschnationaler Geschichtsinterpretation und rechtextremem Gedankengut.

Der 48jährige Vermessungstechniker galt in seiner Nachbarschaft als Sonderling: Er bewohnte ein Zimmer im Haus seiner Eltern, ging selten aus, war nie verheiratet oder mit Frauen befreundet. Das von der Sonderkommission für Briefbomben entworfene Täterprofil trifft auch sonst haarscharf auf den Bastler zu: technisch versiert, hochintelligent, mit überdurchschnittlichen Computerkenntnissen und mit einer Hobbywerkstatt. Zu seinem Zimmer hatten nicht einmal die engsten Verwandten Zugang. Seine Familie beschreibt ihn als äußerst pedantisch und attestiert ihm Verfolgungswahn und Schizophrenie. Vor ein paar Jahren scheiterte ein Selbstmordversuch. Selbst die geographische Einordnung paßt: Mehrere Briefbomben wurden in der Steiermark aufgegeben. Was die Ermittler am meisten überrascht: Gegen den Mann lag absolut nichts vor. Der Bombenbauer schwebt zwar nicht mehr in Lebensgefahr, entzog sich aber bisher den Vernehmungsversuchen, indem er sich schlafend stellte.