Fliegen ist am schönsten

■ Luftverkehr überflügelt die Bahn. Kongreß fordert Ende der Subvention für Flieger

Freiburg (taz) – Die Subventionen des Flugverkehrs müssen endlich abgeschafft werden – mit dieser zentralen Forderung endete gestern in Freiburg der dreitägige Bundeskongreß der Verkehrs- Bürgerinitiativen. „Bislang wird weder eine Steuer auf Kerosin erhoben, noch unterliegt der internationale Flugverkehr der Mehrwertsteuer“, sagte Karl-Heinz Ludewig, Sprecher des Berliner Arbeitskreises Verkehr und Umwelt, des Dachverbandes von 2.000 Bürgerinitiativen. Besonders absurd seien diese Subventionen, weil die Bahn derartige Preisnachlässe nicht erhält.

Das Thema Fliegen – Veranstaltungsmotto in diesem Jahr: Flächenbahn statt Fliegerwahn – war bewußt gewählt. Erstmals werden im Jahr 1997 in Deutschland mehr Personenkilometer durch Inlandflüge abgewickelt als durch den Fernverkehr der Bahn, wie Ludewig vorrechnete. Im Jahr 2000 werde der Flugverkehr der größte Klimafeind sein, wenn jetzt nicht gegengesteuert werde. Der Ausstoß von Treibhausgasen aus Flugzeugtriebwerken in Deutschland werde bei Fortsetzung des derzeitigen Trends sogar die Abgasmengen des Autoverkehrs bald überschreiten. Wachstumsraten des Flugverkehrs von mehr als fünf Prozent jährlich seien die Folge einer fatalen Verkehrspolitik; „mit politischer Schubkraft zum Klimakiller Nummer eins“, hieß daher eines der Referate.

Indikator für den enormen Anstieg sind auch die am Wochenende bekanntgewordenen Lieferengpässe beim US-amerikanischen Flugzeughersteller Boeing. Vier Wochen lang muß das Unternehmen die Produktion der 747-Serie aussetzen.

Die Bürgerinitiativen übten auch Selbstkritik: Beim Flugverkehr, so Sprecher Ludewig, habe die Umweltbewegung „Nachholbedarf“. Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen trägt jeder Personenkilometer im Flieger fünfmal stärker zum Treibhauseffekt bei als ein Autokilometer. Obwohl der Flugverkehr bisher „nur“ für zwei bis drei Prozent des globalen Kohlendioxidausstoßes verantwortlich sei, so erklärte der Physiker Dietrich Brockhagen, der im Auftrag der EU-Kommission die Schäden des Flugverkehrs untersucht, seien die Klimaschäden gravierend: „Die Abgase wirken in der Höhe weitaus stärker als die gleichen Abgase in Bodennähe.“

Karl-Otto Schallaböck vom Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie belegte anhand der Entwicklung der vergangenen Jahre, daß die Zunahme des Flugverkehrs die Klimaschutzziele der Bundesrepublik zu Makulatur macht. „Nur mit einer Reduktion des Flugverkehrs von 8,5 Prozent im Jahr ist das Klimaschutzziel der Bundesrepublik bis 2050 noch zu erreichen“, sagte Schallaböck.

Statt dessen aber wachse das Verkehrsaufkommen – und zwar exponentiell. Wenn der Trend der vergangenen Jahre ungehemmt weitergehe, dann werde jeder Bundesbürger in 40 Jahren – alle Verkehrsmittel zusammengerechnet – rund 100.000 Kilometer jährlich zurücklegen. Ende des nächsten Jahrhunderts seien es gar eine Million Kilometer. Das Wachstum werde stets auch durch das Angebot provoziert: Wer in der Umgebung eines internationalen Flughafens wohne, fliege viermal soviel, wie Bewohner anderer Regionen.

Auch der militärische Flugverkehr war Thema in Freiburg, speziell der Eurofighter. Die Delegierten verabschiedeten eine Resolution, in der sie sich dagegen wehren, „daß 30 bis 33 Milliarden Mark Steuergelder für das teuerste Rüstungsprojekt aller Zeiten verschwendet werden sollen“. In der Resolution werden die Abgeordneten des Bundestages aufgefordert, „sich nicht von der Dasa erpressen zu lassen“. Denn die Dasa, so Jürgen Grässlin von den kritischen Aktionären, übe massiven Druck auf die Politik aus, den Eurofighter zu beschließen – „trotz fehlender Bedrohung, leerer Kassen und angesichts des Sozialabbaus“. Bernward Janzing

Der Bürgerinitiativen-Verkehrskongreß findet seit 20 Jahren im zweijährigen Turnus statt und wird jedesmal in einer anderen Stadt abgehalten. Die Entscheidung für Freiburg fiel wegen einem der umstrittensten und absurdesten Verkehrsprojekte der Republik: Seit einem halben Jahr durchzieht eine breite Schneise die Stadt. Die Bauarbeiten an der B 31, einer vierspurigen Transitachse durch die einstige Ökohauptstadt, sind dort im Gange. Als Zeichen des Protestes zogen die Kongreßteilnehmer am Samstag nachmittag zur Baustelle.