Tatort Oberwart: Blieb alles beim alten?

■ In dem burgenländischen Ort tötete eine Bombe 1995 vier Roma

„Roma zurück nach Indien“, stand auf dem Schild außerhalb des burgenländischen Ortes Oberwart, nahe einer Roma-Siedlung. Peter Sarközi (27), Ervin Horvath (18), Karl Horvath (22) und Josef Simon (40) wollten es entfernen, in der Nacht zum 5. Februar 1995. Bei der ersten Berührung zerriß eine Explosion die Männer. Alle starben. Erst am nächsten Morgen fanden Bewohner der Siedlung ihre Leichen. Die vier waren in eine heimtückische Sprengstoffalle geraten, zu der sich jene ominöse „Bajuwarische Befreiungsarmee“ bekannte, die mit Briefbomben- Attentaten Österreich seit Dezember 1993 in Atem hielt.

Das öffentliche Augenmerk richtete sich sofort auf die 6.000-Einwohner-Gemeinde und das dortige prekäre Nebeneinanderherleben zwischen „normalen“ Einwohnern und den teils schon jahrzehntelang in der Roma-Siedlung am Ortsrand Ansässigen. Es war eine geteilte Gesellschaft voller Anfeindungen, eine Gesellschaft, in der Täter wie ehemalige KZ-Aufseher mit den Opfern, Roma, die jahrelang im KZ Zwangsarbeit leisten mußten, zusammenlebten. Nach dem Anschlag wurden im Ort Verdächtigungen laut, Roma hätten die Bombe selber gelegt, um eine Privatfehde auszutragen.

Das offizielle Österreich übte sich nach kurzer Schrecksekunde in Solidarität. Der Kanzler kondolierte, der Präsident bedauerte, der für seine rigiden Ausländergesetze und seine chronische Erfolglosigkeit beim Vorgehen gegen Neonazis kritisierte Innenminister Loeschnak nahm am Trauergottesdienst und der Beerdigung in Oberwart teil. Postum wurde die vier Bombenopfer, ausgegrenzt zu Lebzeiten, eingemeindet in die Österreichische Gesellschaft. Das Europäische Parlament drückte ihren Familien in einer Resolution „Mitleid und Solidarität“ aus. Die ursprünglich enthaltene Kritik an Lebens- und Wohnverhältnissen der Roma wurde auf Druck von SPÖ und ÖVP aus dem Text gestrichen. Der Alltag in Oberwart änderte sich kaum. „Früher hat man die Roma ignoriert. Nach dem Anschlag hat man sich mit ihnen beschäftigt, und das hat die Geister geschieden“, so der Bürgermeister zur taz ein Jahr nach dem Anschlag. Hinzu kam der Neid auf die umgerechnet 115.000 Mark Spendengelder für die Familien. „Früher war zwischen uns eine Glaswand, jetzt ist es eine Mauer“, resümierte ein Roma. taz