Sohn belastet seinen Vater schwer

■ Sven Körppen, angeklagt im Entführungsfall Fiszmann, bestreitet, daß sein Vater ihn in den Mord eingeweiht hat

Frankfurt/M. (taz) – Mehrere Stunden lang schilderte gestern der 27jährige Sven Körppen vor dem Landgericht seine Kindheit und Jugend. Er wandte sich auch an seinen mitangeklagten Vater Rainer Körppen: „Vater, hier geht es nicht um Ladendiebstahl, es geht hier um Entführung, ein ganz schreckliches Verbrechen.“

Er habe nichts davon gewußt, daß Rainer Körppen den von beiden am 1. Oktober 1996 entführten Frankfurter Millionär Jakub Fiszman zwei Tage später in einem Waldstück erschlagen habe. „Ich habe mit dir die Entführungen begangen. Von dem Mord habe ich nichts gewußt.“ An die Nebenklage gewandt, sagte er, eigentlich habe er sich für die Tat entschuldigen wollen, aber „es gibt keine Entschuldigung. Ich würde alles dafür geben, um es wieder rückgängig zu machen.“ Den Vater beschrieb er als arbeitsamen, zuverlässigen und großzügigen Menschen, er sei aber auch notorisch aufbrausend, brutal „und teilweise sehr bösartig“. Er erinnere noch den Tag, an dem er als Siebenjähriger erlebte, wie seine Mutter tot im Haus in der Badewanne gefunden wurde. Wegen des Todes seiner ersten Frau war Rainer Körppen noch am selben Tag festgenommen und später wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Auch die nachfolgenden Frauen und Freundinnen und seine Kinder habe er geschlagen. Das aber habe er, so Sven Körppen, für „normal“ gehalten, da auch sein Großvater, zu dem er mit seiner Schwester zog, als der Vater in Haft kam, die Kinder verprügelte. Zu seinem Vater habe er immer „als Vorbild“ aufgesehen und gehofft, später einmal von ihm dessen Malerfirma zu übernehmen.

Das sei sein „Wunschtraum“ gewesen, für den er auch die harte Lehrzeit unter der Fuchtel des Vaters durchgestanden habe. Außerdem sei es auch „schön gewesen, Juniorchef und ,Meistersohn‘“ zu sein. Er habe für seinen Beruf gelebt und deshalb sei es für ihn ein Einschnitt im Leben gewesen, als er nach seiner Bundeswehrzeit erfuhr, daß der Vater die Firma aufgeben mußte.

Für Sven Körppen, der Beihilfe zu Entführung, Erpressung und Mord angeklagt, wird es in diesem Verfahren entscheidend darauf ankommen, seinen Tatbeitrag durch die Abhängigkeit von seinem übermächtigen Vater zu erklären. Dem sagte er gestern von der Anklagebank aus, daß er sich inzwischen von ihm gelöst habe: „Diesen Weg hier müssen wir beide alleine, jeder für sich gehen.“ So wie früher für den anderen einzustehen „bis zum Verrecken“, das finde er heute „nicht mehr richtig“. Er selber sei nicht gewalttätig und habe sich auch gegen die Gewalt des Vaters niemals gewehrt. Vielmehr habe er den Vater bei dessen Betrügereien und Gewalttätigkeiten gedeckt. Darüber, woher der Vater, der zusammen mit seinem Sohn außerdem einer Entführung von zwei Kindern im Jahr 1991 angeklagt ist, das Geld für seine häufigen Thailandreisen hatte, habe er sich weiter keine Gedanken gemacht. Der Prozeß wird am Donnerstag fortgesetzt. Heide Platen