„Was kann ich für Sie tun“

■ Erster Kongreß „Call Center Managment“im Bremer Kongreßzentrum / Suche-Biete: Am Telefon sollen bis zu 3.000 neue Jobs entstehen / Arbeitsamt vermittelt

Die mit viel Vorschußlorbeeren eröffnete Messe „Call Center Management“will frischen Wind in den Bremer Arbeitsmarkt bringen. Es ist die erste Messe dieser Art überhaupt. Die boomende Branche soll in Bremen bis zu 3.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Über 50 Firmen informieren bis morgen über ihr Leistungsangebot auf dem Gebiet des Telefonmarketings.

Call Center könnte übersetzt heißen „betreutes Kaufen“. Unehrenhaft, wer gleich an Drückerkollonnen denkt. „Sicher, es werden auch Produkte direkt per Telefon an den Kunden herangebracht“, meint Christian Keitel, Arbeitsberater beim Arbeitsamt, auf seinem Messestand. Da der Call Markt boomt und praktisch vom Einzelprodukt, über Mahndienste von Banken und dem Kundendienst für Computer soft-ware alles über das Call Center System abgewickelt werden kann, gibt es kein einheitliches Berufsbild. „Wir erwarten von den Bewerbern nicht unbedingt einen qualifizierten Berufsabschluß, wichtig sind kommunikative Begabung und die Fähigkeit, Streß auszuhalten“, meint Keitel. Auch nach einem acht Stunden Tag muß es klingen wie ein Orgelkonzert: „Mein Name ist Anton Müller, und was kann ich für Sie tun?“

Maike Ullwig, 28, ist Studentin der Rechtswissenschaft. „Ich suche einen Job, am liebsten würde ich im Kundenservice eines Flugunternehmens arbeiten“, Maike Ullwig erfährt am Stand des Arbeitsamtes, daß der Buchungsdienst der Fluglinien schon zu den qualifizierteren Call Center Jobs gehört. Eine Ausbildung als Reisekauffrau ist zwar nicht verbindlich, schadet der Bewerbung aber nicht. Klappt es mit ihrer Bewerbung, dann wird die Callfirma Maike Ullwig ein halbes Jahr anlernen: Ticketbuchung, Reisekostenabrechnung, Flugbuchung, zur Eingewöhnung wird der Kurs in englischer Sprache gehalten. Ihr Gehalt wird zwischen 3.000 und 4.000 Mark liegen, ein Spitzenlohn in der Branche. Mehr zu verdienen ist nur noch im Telebanking, aber da werden auch profunde Kenntnisse im Bankwesen vorausgesetzt. Nicht unüblich sind die Billigjobs und die auf 610 Mark Basis.

„Wir bieten auch eigene Trainingskurse an“, sagt Christian Keitel vom Arbeitsamt, denn es gibt Unternehmer, die gern Call Dienste anbieten würden, aber keine Arbeitnehmer anlernen können. Für Trainingskurse steht in Bremen ein Muster Call Center zur Verfügung. Eine Maßnahme, die Callfirmen den Callort Bremen schmackhaft machen soll.

Thomas Böhm, 36, ist Diplom Ingenieur. 120 Bewerbungen hat er nach Abschluß seines Studiums geschrieben: null Erfolg. Jetzt baut er als Selbstständiger für Call Center Firmen Computer auf. „Ich beobachte den Markt und warte ab, bis ich eine Führungsposition kriege“, meint der Ingenieur voller Hoffnung.

Und dann kann man sie auf der Messe live erleben, die Engelszungen des Teleshoppings. Die Firma DMC GmbH hat einen Teleterminal aufgebaut an dem vier junge Leute on line Telefonservice betreiben. Simone Cuypers, 20, hat gerade ihr Abitur gebaut. Seit fast zwei Jahren vertickt sie Produkte per Telefon auf Stundenlohnbasis. „Das macht irre Spaß, aber ich werde auch in Zukunft nur Teilzeitarbeit machen“, im Messerummel beweist Cuypers Streßresistenz. Gerade bietet sie die Servicenummern der Telekom zum Verkauf an. Kein Anschluß unter ihrer Nummer, das gibt es nicht. Der Computer kontrolliert ihren Erfolg. „Ich darf mich nicht einfach abwimmeln lassen“, Simone Cuypers ist hartnäckig, aber immer freundlich.

Sollte es mal nicht klappen mit dem reibungslosen telephoning, dann weiß eine Firma grundsätzlich Rat: die „Ganzheitliche Call Center Lösungen“, also entsspanntes, sanftes Telephonshopping im hier und jetzt. Bei soviel Sensibilität glaubt man auch Bürgermeister Hartmut Perschau (CDU), wenn er erklärt, warum gerade in Bremen der Callmarkt so boomt: „Die deutschen Flächenländer sind provinziell, die maritimen Küstenstadtstaaten dagegen international. Weltfirmen lieben das.“

Thomas Schumacher