Liga will alle Kitas übernehmen

■ Spitzenverbände der Wohlfahrt fordern das Land auf, sich komplett aus der Kitaversorgung zurückzuziehen. Land und Eltern sollten jedoch auch in Zukunft 90 Prozent der Kosten tragen

Sämtliche städtische Kindergartenplätze (derzeit 135.000) sollen nach Willen der Wohlfahrtsverbände an freie Träger übertragen werden. Das fordert die Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrt, der unter anderem die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas und das Diakonische Werk angehören. „Wir sind bereit, schon innerhalb der nächsten zwei Jahre 10.000 Kitaplätze im Ostteil und 20.000 im Westteil der Stadt zu übernehmen“, sagte gestern Liga-Sprecherin Elfi Witten.

„Wir wollen, daß sich das Land als Anbieter von Kitaplätzen völlig zurückzieht, um sich ganz auf seine Aufgabe der Förderung und Steuerung der Kitaversorgung zu konzentrieren“, argumentiert Witten. Nur so könnten notwendige Einsparungen in „Millionenhöhe“ erzielt werden, ohne daß Kitaplätze dabei verlorengingen. Laut Liga betreiben freie Träger Kitas erheblich günstiger als das Land: Rund 1.000 Mark pro Platz könnten jährlich eingespart werden.

Staatssekretär Klaus Löhe begrüßte gestern, daß bei der Liga „ein Sinneswandel“ eingetreten sei. Jedoch zeigte er sich irritiert über das plötzliche Vorpreschen der Wohlfahrtsverbände. Die Schulverwaltung habe der Liga bereits vor drei Jahren angeboten, im Ostteil der Stadt Kitaplätze zu übernehmen – unter der Bedingung, daß das Land 78 Prozent der Kosten, die Eltern 12 Prozent und die Liga die restlichen 20 Prozent zahlten. Seitdem sei dies aber nur sehr spärlich angenommen worden, sagte Löhe.

Als Bedingung für die Übernahme aller Kitaplätze fordert die Liga jetzt, daß das Land und Eltern gleichermaßen ingesamt 90 Prozent der Kosten übernehmen. Außerdem wollen sie eine vertragliche Einigung darüber, daß die Zuwendungen über mehrere Jahre gleichmäßig fließen und nicht jährlich neu bemessen werden. Dann sei die Liga auch bereit, so Elfi Witten, alle Kita-ErzieherInnen des Landes zu übernehmen.

Die Jugendverwaltung möchte jedoch keinenfalls, daß alle Kitaplätze auf die freien Träger übertragen werden. 30 bis 40 Prozent der Plätze sollten nach Ansicht von Löhe in öffentlicher Hand bleiben. Im Moment sind im Ostteil der Stadt rund 10 Prozent der Plätze in freier Trägerschaft, im Westteil fast 60 Prozent. Julia Naumann