■ Die Union und die „Steuerschlupflöcher“
: Schäubles Ablehnung ist nur konsequent

Die Drehbücher für den kommenden Wahlkampf werden geschrieben. Einer der zentralen Plots wird der Kampf gegen das „Steuerschlupfloch“ sein. Von der SPD flugs wieder ins Spiel gebracht, nachdem die Partei tatkräftig die große Steuerreform der Koalition abgeschmettert hat, erreicht das Thema nun die Spitzen der Union. Und sorgt dort für gehörige Unruhe und Verwirrung. Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel, der eine Streichung von Vergünstigungen und Abschreibungen fordert, hat sich prompt den Ärger von CDU-Fraktionschef Wolfgang Schäuble eingehandelt. Schäuble lehnt es strikt ab, Steuervergünstigungen zu streichen, ohne zugleich Steuern zu senken.

Die Union steckt in einem Dilemma. Im Spagat zwischen Wahlstrategie und Haushaltsproblemen reiben sich Länderinteressen mit den Wahlkampfüberlegungen im Kohlschen Führungszirkel. Die einen wollen die SPD im Wahlkampf als Blockierer vorführen, die anderen versprechen sich durch die Abschaffung der „Steuerschlupflöcher“ eine Hilfe bei der Sanierung ihrer angespannten Haushalte. Wenn im November die Steuerschätzung voraussichtlich erneut Mindereinnahmen von bis zu 20 Milliarden Mark ergeben wird, verschärft sich das Problem noch.

Da ist es nicht weiter verwunderlich, daß Bayerns Finanzminister Erwin Huber (CSU) den Vorstoß aus Baden-Württemberg teilt und dafür plädiert, gemeinsam mit der SPD die Steuerlöcher zu stopfen. Huber und Teufel wissen, daß viele im Lande nach dem Hickhack um die große Steuerreform populistischen Tönen zugeneigt sind. Schon der Begriff „Steuerschlupfloch“ ist dafür trefflich geeignet. Was da so illegal klingt, ist ja nichts weiter als gesetzlich zulässige Trickserei. Aus der Trickkiste können sich aber nur Großunternehmen, Wohlhabende und gutbetuchte Mittelständler bedienen – der Durchschnittsverdiener zahlt mangels Masse in der Regel treu seine Steuern und erhält allenfalls minimale Beträge vom Finanzamt zurückerstattet.

Die Reaktionen aus der Unionsspitze zeigen, wie verunsichert die Partei auf den Vorstoß der SPD reagiert hat. Sie hat der Strategie vom „Ihr da oben und wir da unten“ nichts entgegenzusetzen, weil sie sich in ihren großspurigen Versprechungen verfangen hat. Wer einmal angetreten ist, die Steuern zu senken, kann sie nicht an anderer Stelle durch Gesetzesänderungen wieder erhöhen. Insofern ist Schäubles Festhalten am Status quo nur konsequent. Severin Weiland