Arbeit vor allem für den Gerichtshof

■ Eine regierungsunabhängige Organisation hat den Amsterdamer EU-Vertrag auf Verbesserungen für den Umweltschutz hin untersucht

Berlin (taz) – „Ich wundere mich, daß die Leute dieses Jahr über die Kriterien für den Euro debattieren“, sagte gestern Andreas Kraemer von der gemeinnützigen GmbH ecologic in Berlin. „Das wurde doch alles schon in Maastricht beschlossen. Dieses Jahr stand der Amsterdamer Vertrag an, doch der wurde in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen.“

Die erneute Änderung der Verfassung der Europäischen Union, letzte Woche mit einigen kurzfristigen Änderungen in der niederländischen Stadt unterzeichnet, brachte auf dem Papier den Umweltschutz nach vorne, meint die regierungsunabhängige Organisation ecologic. Das Ziel der nachhaltigen Entwicklung wird zu einer Grundlage aller Gesetzestexte und Richtlinien erklärt. Auch für Alleingänge einzelner Staaten wurde Raum geschaffen. Das war ein Anliegen der Skandinavier und Österreichs, die sich nicht immer im Umweltschutz von den rückständigen Mitgliedern der Union bremsen lassen wollten.

Doch sind die betreffenden Vertragsartikel in sich unklar oder widersprechen teilweise anderen Passagen, in denen mehr Wert auf die EU-weite Einheit der Richtlinien gelegt. Eine Klärung der Prioritäten des Vertrags wird erst durch Prozessieren vorm Europäischen Gerichtshof erreicht.

Bisher konnten einzelne Länder keine schärferen Regeln oder Grenzwerte erlassen, als die EU- weit geltenden Richtlinien es vorschreiben. Das steht nun jedem Land grundsätzlich frei, doch nur unter sehr engen Voraussetzungen: Wenn es neue „wissenschaftliche Erkennisse“ gibt, die zum Beispiel einen strengeren Grenzwert rechtfertigen, wie es in der deutschen und den skandinavischen Versionen des Vertrags heißt. Im französischen und englischen Text ist das Wort „Erkenntnis“ jedoch durch „Beweis“ ersetzt. Der wissenschaftliche Beweis, daß eine bestimmte Konzentration eines Stoffes zu Schäden führt und eine andere nicht, wird nur in den wenigsten Fällen gelingen, neue Erkenntnisse gibt es dagegen häufig.

Der Vertrag tritt nur in Kraft, nachdem ihm alle 15 Mitgliedsstaaten offiziell zugestimmt haben. Dabei wird es in einigen Ländern Volksabstimmungen geben, so zum Beispiel in Dänemark am 28. Mai 1998. Aber selbst wenn sich die EU-kritischen Dänen knapp dagegen aussprechen sollten, glaubt Andreas Kraemer nicht, daß damit der Vertrag vom Tisch ist: „Dann wird eben so lange abgestimmt, bis es paßt.“ Reiner Metzger

Kostenloses Seminar zum Amsterdamer Vertrag: 16. Oktober, 11 bis 16 Uhr, im Haus der Demokratie in Berlin. Bitte anmelden bei ecologic, Tel. (030) 226511-35, Fax: -36, E-Mail: office6ecologic.de