Die SPD entdeckt die Kritikpunkte im letzten Moment

■ Europol-Konvention muß im Bundestag verschoben werden, weil die SPD ihre Chancen nutzt

Freiburg (taz) – Der Bundestag muß die Zustimmung zur Europol- Konvention verschieben. Nach PDS und Bündnisgrünen will nun auch die SPD das Thema zuvor in einer Sachverständigenanhörung behandeln. Dies beschloß gestern die sozialdemokratische Bundestagsfraktion. Die eigentlich für Freitag vorgesehene Ratifizierung des umstrittenen Vertrags wird sich nach SPD-Schätzungen voraussichtlich um mindestens zwei Monate verzögern.

Noch in der letzten Woche wollte der Innenausschuß das Thema schnell über die Bühne bringen und beschloß mit Koalitionsmehrheit die Zustimmung zur Europol-Konvention. PDS und Bündnisgrüne verwiesen zwar auf die heftige Europol-Kritik von JuristInnen- und Bürgerrechtsorganisationen. Doch gemeinsam mit der Koalition lehnten die SPD-InnenpolitikerInnen eine Sachverständigenanhörung ab.

Sensibler zeigten sich die SPD- Rechtspolitiker Jürgen Meyer und Otto Schily und die europapolitische Sprecherin Heidemarie Wieczorek-Zeul. Auf der gestrigen Fraktionssitzung setzten sie durch, daß die SPD nun doch eine gründliche Beratung von Europol fordert. Mit mehr als einem Viertel der Abgeordneten kann eine Anhörung auch gegen den Willen der Koalitionsmehrheit durchgesetzt werden.

Brüskiert ist damit der innenpolitische Sprecher Fritz Rudolf Körper. Er hatte es für ausreichend gehalten, Experten nur über das ebenfalls umstrittene Immunitätsprotokoll zu befragen. Dieses Zusatzprotokoll, das EuropolbeamtInnen „von jeglicher Gerichtsbarkeit“ freistellt, solange Europol ihre Immunität nicht ausdrücklich aufhebt, wäre im Bundestag aber erst in einigen Monaten diskutiert worden.

Kritisiert wird der Vertrag von Experten im Hinblick auf mangelnden Datenschutz bei Europol, die geringe parlamentarische Kontrolle der Behörde und den komplizierten Rechtsschutz. Christian Rath