Rot-Grün in den Zeiten der Knappheit

■ Hamburg: Der Pragmatismus von SPD und GAL

Um die hanseatische Bescheidenheit ist es dieser Tage schlecht bestellt. Wenn Hamburg schon nicht Speerspitze einer SPD werden kann, die mit Voscherauschem Kampfgeist das Verbrechen eigenhändig aus dem Land jagt, dann soll der Stadtstaat nun wenigstens zum strahlenden Vorbild rot-grüner Zukunftsvisionen werden.

Zwar behauptete auch der SPD-Patriarch Johannes Rau neulich, daß sein Regierungsbündnis mit den NRW-Grünen im Vergleich zur Bonner Koalition wohl als „harmonisch“ bezeichnet werden müsse. Doch der Voscherau-Erbe Ortwin Runde sieht seine SPD durchaus zu Höherem berufen. Warnend hob er beide Zeigefinger gen NRW und Schleswig-Holstein. So ein Gezänk zwischen den Koalitionären will Runde nicht dulden.

Bei der GAL-Verhandlungsführerin Krista Sager dürfte er offene Türen einrennen. Auch sie sieht Hamburg als güldene Startrampe für einen rauschenden Wahlsieg 1998. Schließlich ist die Reala schon als Bundesministerin im Gespräch.

Aber auch ohne das erfolgsentschlossene Dream Team Sager und Runde ist eine konfliktträchtige Symbolpolitik in Hamburg nicht zu befürchten. Denn vom einstigen Kristallisationspunkt grüner Identität und Geburtshelfer der Grün-Alternativen Liste, nämlich der Hafenerweiterung in Altenwerder, hat man sich bereits tränenreich verabschiedet. Seit die Planierraupen dort die Natur abräumten und die letzten Kläger aufgaben, ist das Thema umweltpolitisch durch. Nicht einmal an der Hafenstraße (längst legalisiert) kann man sich noch ideologisch reiben. Und Transrapid und Atompolitik sind auch bei der SPD umstritten.

In den rot-grünen Auseinandersetzungen wird es vielmehr um Themen wie Flächenpolitik – Wohnungen oder Naturschutzgebiet – und vor allem ums Geld gehen. Nicht die Frage, ob Hafensubventionen vertretbar, sondern ob sie noch bezahlbar sind, wird man stellen müssen. Und die wird von Roten und Grünen unterschiedlich beantwortet.

So werden die Koalitionsverhandlungen zum erbitterten Verteilungskampf um die knappen Ressourcen. Zwar dürfte man die SPD mit Kostenargumenten vortrefflich von ökologischem Unsinn abhalten können. Doch andererseits ist der Gestaltungsspielraum so klein, daß grüne Akzente nur mit sehr viel Mühe und Kreativität gesetzt werden können. Silke Mertins

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