Ein Prellbock im Hochhaus-Viertel

■ Zwischen Seelenmülleimer und Sicherheitsmann: Jörg Dühnfort ist Concierge in einem Wohn-Hochhaus in Tenever / Elf Bremer Hochhäuser werden von Pförtnern bewacht

ische schwimmen in einem Aquarium, das hinter Jörg Dühnfort in einem Regal steht. „Ruhig Blut“müsse man in seinem Job bewahren, sagt der 43jährige. Dabei hat er doch schon einen Herzinfarkt hinter sich. Jetzt lugt er ständig auf einen grauen Monitor, der zu einer Video-Überwachungsanlage gehört. Denn der gelernte Maschinenschlosser hat seit sieben Monaten einen neuen Job: Concierge mit eigener Pförtnerloge im Eingangsportal eines 21stöckigen Hochhauses in Osterholz-Tenever.

In elf Bremer Hochhäusern haben seit März diesen Jahres fast 20 Langzeitarbeitslose oder ältere Arbeitnehmer mit Geldern vom Arbeitsamt eine neue Aufgabe gefunden. „Conciergen in Hochhäusern“heißt das Projekt, das von der Wohnungsbaugesellschaft „Gewoba“sowie der Bemer Bau- und Sozialverwaltung angestoßen wurde. „Weil wir mehr Wohnqualität und mehr Sicherheit für unsere Mieter wollten“, sagt dazu Gewoba-Mitarbeiter Lothar Frenkel. „Toll“und „ganz gut“laufe das Projekt bisher an, schwärmt Angelika Hänisch vom Bremer „Förderwerk“. Ein Beschäftigungsträger, der für den neugeschaffenen Pförtner-Job auf Personalsuche gegangen ist.

„Pförtnerloge Neuwieder 23“, sagt Concierge Jörg Dühnfort ins Telefon und schaut derweil durch die Sicherheitsscheibe hinaus auf den Flur. Für 400.000 Mark wurde das Eingangsportal des Hochhauses in der Neuwieder Straße in Tenever komplett umgestaltet. Statt eines schmalen Gangs zum engen Fahrstuhl ist durch den Umbau viel Freifläche entstanden. Zum Fahrstuhl geht es jetzt drei Treppen hoch. Briefkästen hängen an der rechten marmornen Wand hinter der Tür, links davon sitzt Concierge Dühnfort in seiner dreieckigen, verglasten Loge – und hält Augen und Ohren auf.

„Der Sicherheitsaspekt steht aber nicht im Vordergrund“, sagt Angelika Hänisch vom „Förderwerk“. Dabei läuft das Projekt bisher nur in „Problemhochhäusern- und -vierteln“wie in Osterholz-Tenever, Kattenturm, Lüssum-Bockhorn oder Blockdieck. „Da haben vor allem ältere Mieter gesagt, sie hätten Angst“, sagt Hänisch. Als „reine Sicherheitschefs“will sie ihre Pförtner aber nicht sehen. Sondern als „Ansprechpartner, wenn die Mieter Sorgen oder Probleme haben.“

Beschwerden über laute Schreiereien in der Wohnung nebenan, über defekte Fahrstühle oder Müllschächte, über klemmende Schlösser, über zu laute Heimkehrer in der Nacht – die Sorgenliste von Pförtner Jörg Dühnfort in seinem 480 Mietparteien-Hochhaus ist lang. Wenn etwas repariert werden muß, ruft er schnell den Hausmeister an. Wenn es in einer Wohnung zu laut wird, klingelt er die Ruhestörer an. Außerdem verkauft er noch Briefmarken und Waschmarken – und nimmt Pakete an. Dazu hört er sich „auch noch ziemlich viele persönliche Probleme an“, sagt Jörg Dühnfort.

„Seelenmülleimer will ich aber gar nicht sein“, versichert der Pförtner, „da mußte ich mir erstmal eine Elefantenhaut zulegen. Sonst mußt Du hier zu oft der Prellbock für andere sein.“Nachts, wenn es mal „richtig Ärger gibt“, hilft Dühnfort die Standleitung zur Polizei. Bei Pöbeleien von betrunkenen Heimkehrern macht er „einfach das Sicherheitsfenster dicht“und greift zum Telefonhörer. „Angst habe ich da keine“, sagt er.

Die BewohnerInnen finden das Projekt „klasse. Es ist einfach angenehm zu wissen, daß da unten jemand sitzt und aufpaßt“, sagt eine Frau. Sie steht im großflächigen Eingangsportal und plauscht mit einer Nachbarin. Der marmorne Boden ist frisch gewischt – früher lagen dort Berge von Prospekten auf dem Boden.

Pförtner Dühnfort sucht gerade aus den gelben Seiten für eine Mieterin die Nummer eines Arztes heraus. „Auch dafür bin ich da“, sagt er. „Irgendwo macht der Job ja auch Spaß – und ich bin froh, daß ich überhaupt wieder eine Aufgabe habe“, sagt Dühnfort und blättert gelassen weiter, während hinter ihm das Aquarium vor sich hin blubbert. Katja Ubben