Nachgefragt
: „Auf die Tonne hauen“

■ Ortsamtsleiter Bücking zur Randale bei der RTL-Show auf dem Ziegenmarkt

Zu Tumulten ist es während der RTL-Talkshow „Bärbel Schäfer“auf dem Ziegenmarkt gekommen. Wir sprachen darüber mit Ortsamtsleiter Robert Bücking.

taz: Wie war Ihr Gefühl nach der Talkshow?

Robert Bücking, Ortsamtsleiter: Alle Leute, die im Viertel an einer konstruktiven Entwicklung interessiert sind, haben sich gefühlt wie die begossenen Pudel. Wir hoffen, daß sich die aufgewirbelte Staubwolke verzieht. Das Thema war für diese mediale Form ungeeignet und hat ein verzerrtes Bild von der Realität im Stadtteil gezeichnet. Denn die Realität ist viel entspannter.

Trotzdem sind die Junks ausgerastet.

Das lag auch an der scharfen Kampfansage an die Junks in der Ankündigung. Das war ein feiner Anlaß für die Junks und Schwarzjacken, mal auf die Tonne zu hauen.

Die Junkies sollen nach der Sendung aber total glücklich gewesen sein: Sie haben ihre Wut herausgeschrien. Die Leute vor Ort sagen: Jetzt wurden Sie als Ortsamtsleiter endlich mal unter Druck gesetzt, sich für Toiletten am Markt und einen Runden Tisch einzusetzen.

Das ist Blödsinn. Es hat diesen Runden Tisch gegeben, weil die Anwohner gesagt haben: Diese tägliche gesamtstädtische Party auf dem Ziegenmarkt verknusen wir nicht. Im letzten Vierteljahr hat sich die Situation aber aus Sicht der Anwohner entspannt. Das liegt auch an der Polizei. Jetzt trinken dort nur noch fünf Leute ihr Bier anstatt 30. Und das ist richtig so. Zum Stichwort glücklich: Viele Junks, die wissen, was sie an den Bürgern hier haben, waren auch total genervt von der wilden Anmache aus dem Publikum.

Entspannt hat sich die Situation aus Sicht der Bürger. Die haben auf der Talkshow auch nicht gebrüllt, wohl aber die Junks, weil das Ortsamt endlich etwas tun müßte.

Das ist völlig richtig. Wir müßten das mit den Toiletten eigentlich hinkriegen. Es gibt dort nicht so die Möglichkeiten. Müßten ... ?

Das ist ja alles nicht so einfach. Wir haben schon über diese französischen Stehklos nachgedacht. Aber da beschwert sich doch wieder jeder, wenn das Klo vor der eigenen Haustür aufgebaut wird. Wir können das nicht alles sofort regeln, aber wir werden eine Lösung finden.

Wie kommen die Junks darauf, daß niemand mehr mit ihnen spricht?

Gespräche zu führen ist eine hohe Erwartung. Die Gesprächspartner sind oft so bedröhnt, was wollen Sie da verabreden?

Es gab aber früher mal Junkievertreter am Runden Tisch. Wer vertritt sie jetzt?

Die Streetworker nicht. Sie sagen, sie haben genug andere Sachen vor Ort zu tun. Die Junks sind höchstens durch die sozialen Dienste vertreten.

Wäre die Sendung auf dem Ziegenmarkt zu verhindern gewesen?

Mit bürokratischen Mitteln, aber wollen wir das? Ich hatte es mir so auch nicht vorgestellt.

Was wird jetzt aus den Forderungen?

Die Junks müssen akzeptieren, daß das Viertel für sie nicht das Wohnzimmer sein kann. Sie können den öffentlichen Raum benutzen, solange sie nicht die Rechte anderer verletzen. Politisch halte ich für wichtig, daß man wie in der Schweiz an den harten Kern der Junks Drogen auf Krankenschein abgibt. Und daß sie Wohnungen haben. Dadurch kann das Leben von Junks und Bürgern im Stadtteil erleichtert werden.

Fragen: Katja Ubben