Verführung Minderjähriger

■ Berufs-Orientierungs-Börse: Ein Spektakel für 6.000 Bremer SchülerInnen

„Weiß ich nicht“, war der am häufigsten geäußerte Berufswunsch auf der Berufs-Orientierungs-Börse (BOB) der Bremer Wirtschaft. So jedenfalls antworteten viele Jugendliche auf die Frage, was sie einmal werden möchten. Um den Berufswunsch ein wenig zu präzisieren, können sich 6.000 Bremer SchülerInnen im Berufsförderungszentrum (BFZ) über 73 Berufe aus den Bereichen Handel, Gewerbe und Handwerk bis heute informieren.

Wer unvorbereitet in das BFZ an der Schongauer Straße kommt, wird von der Masse des Angebotes erschlagen. Im faszinierenden Trubel der multikulturellen Massen fällt es schwer, sich auf den (Arbeits-) Ernst des Lebens zu konzentrieren.

Tricks und List locken die Jugendlichen an die Infostände. Ein zünftiges Dartspielchen verführt nicht etwa zum Ausbildungsberuf Kneipengänger. Bürokaufmann/-frau kann man hier werden. Ein Trip im BMW-Roadster eröffnet keine Karriere zum Grand Prix Fahrer, hier werden KFZ-Mechaniker eingestellt. Keine Lehrstelle, aber einen Preis kann gewinnen, wer bei der Berufsralley Fragen beantworten kann wie: Wie groß ist die Spannung in einer Steckdose? oder: Was versteht man unter einer Buchhalternase?

„Viele Jugendliche haben trotz guter Vorbereitung im Schulunterricht und mehrere Berufspraktika, eine konkrete Berufswahl nicht vor Augen“, formuliert Rolf Fenske, Berufsberater beim Arbeitsamt. „Wir müssen behutsam die Ernsthaftigkeit des Berufswunsches der SchülerInnen erforschen“, meint der Berufsberater. „Es wäre sehr hilfreich, wenn sich auch Eltern sehr frühzeitig mit der Situation vertraut machen, daß ihre Kinder einen Beruf brauchen“, erklärt Fenske. Die Bewerbungsfristen der Unternehmen dauern bis zu einem Jahr.

„Wir haben uns im Fach Arbeitslehre auf den Besuch der BOB vorbereitet“, sagt Lehrer Hartmut Höfelmann. „Bei der Berufsvorbereitung ist oft schon das Training von freiem Sprechen, Höflichkeit und Freundlichkeit wichtig.“Wieviel Pausen, wann Urlaub, welches Gehalt, daß ist kein guter Einstieg in ein Bewerbungsgespräch. Seine 15- und 16jährigen HauptschülerInnen scheinen sich schon entschieden zu haben. Saniye, Süreya und Tanja wollen im Einzelhandel arbeiten. Alle drei mit Blick auf eine eigene Boutique. Bei Ramona und Fahriye steht Zahnarzthelferin ganz oben auf der Wunschliste. „Da kann man wenigstens stolz sein, wenn man jemandem geholfen hat“, sagt Fahriye. In ihrem Traumberuf werden in Bremen tatsächlich noch Auszubildende gesucht.

Timo ist 16 Jahre alt und einer der wenigen, die ihre Zukunft geplant haben. „Ich will Straßenbahnfahrer werden und bewerbe mich zuerst bei der Bundesbahn. Wenn das nicht klappt, werde ich Bäcker.“Beworben hat sich Timo noch nicht, er hofft auf ein gutes Herbstzeugnis.

Noch erfolglos bietet Michael Thomas Lehrstellen als Fräser an: „Vielleicht ist der Beruf zu exotisch.“Rustikaler wirbt die Fleischerinnung Lehrlinge, sie besticht mit Gratiswürstchen.

Laut Arbeitsamt standen bis September 4.937 Lehrstellen 5.769 BewerberInnen gegenüber. 641 Jugendliche suchen noch einen Job. „Die Handelskammer wird jede jetzt freiwerdende Lehrstelle sofort wieder besetzen“, bietet Jens Jensen von der Kammer an. Mies angesehen bei Jugendlichen sind laut Arbeitsamt Berufe wie Koch, Lebensmittelverkäufer und Bäcker und das, obwohl die Torten der Konditoren auf der BOB so lecker aussehen. Thomas Schumacher