Die Vorschau
: Rüpel, die in Stiefeln sterben

■ Live im Naturfreundehaus: Rock gehobener Güteklasse im Dreier-Pack

Ein Baß ist etwas für Leute, die den Rhythmus nicht sowieso im Blut haben. Das Brooklyner Trio „Spongehead“hat das jedoch. Deshalb verzichten sie auf einen Bassisten und ergänzen Schlagzeug, Gesang und Gitarre mit einem Tenorsaxophon. Der Unterschied fällt kaum auf, weder im Stil noch in der Mentalität. „Spongehead“spielen handfeste Rockmusik, klug aber nicht akademisch. Ausflüge in jazzige Fingerübungen oder apokalyptische Sound-Gewitter sind vorhanden.

Es kann nicht anders sein: diese Musiker sitzen sicher hin und wieder wie Cowboys am Lagerfeuer. Allerdings nicht wie Cowboys, die den Sonnenaufgang preisen und junge Pferde streicheln, sondern wie ganze Kerle, die Bohnen essen und in ihren Stiefeln sterben. Frontmann Doug Henderson, der nebenbei als Produzent für Helden wie „Cop Shoot Cop“und „Barkmarket“arbeitet, singt dazu von den Schwierigkeiten des vermeintlichen Individuums Mensch in einer Welt, die auf Individuen nicht eingestellt ist. Seine Stimme balanciert zwischen spröder Rock'n'Roll-Lebenserfahrung und jungenhafter Mitteilsamkeit – unbezweifelbar individuell.

Unverblümter noch rocken „Slick“aus Berlin. Große Gesten und umständliche Schlenker sind dem Trio fremd, Kuschelrock mögen sie nicht, Amerika hingegen schon. Eigene englische Texte und lange Samples aus dem Film „Natural Born Killers“sind auf ihrem neuen Album „Electric Bäbyländ“ebenso zu hören wie ein rüpelhaftes Knüppel-Cover der „R. E. M.“-Ballade „Every-body Hurts“.

„Sabot“sind Wahl-Prager aus San Francisco. Ihr Instrumental-Rock kommt nicht gar so laut und brachial daher wie der von „Spongehead“und „Slick“, bietet aber bei aller Vertracktheit enormen Unterhaltungswert. Die John Cage-Lieblinge sind fantastisch aufeinander eingespielt und überraschen mit plötzlichen Stil- und Tempi-Wechseln, die minutiös geplant und spontan zugleich erscheinen. A. N.

So, 21 h, Naturfreundehaus