■ Urteil
: Ausländerrechtliche Vorstöße der CDU

Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) hat nach dem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts über Duldungen für ausreisepflichtige Ausländer eine Änderung des Ausländerrechts gefordert. Nach seinem Willen sollen diejenigen keine Duldung bekommen, die nicht bereit sind, freiwillig so schnell wie möglich auszureisen. Damit soll der rechtswidrig in Berlin, Thüringen und Bayern praktizierte Umgang mit ausreisepflichtigen Ausländern zur bundeseinheitlichen Norm werden.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte am 25. September entschieden, daß AusländerInnen Anspruch auf eine formelle Duldung haben, wenn sie nicht abgeschoben werden können.

Der Vorsitzende Richter des Verwaltungsgerichts in Berlin, Percy MacLean, kritisiert Diepgens Vorstoß und spricht sich gegen eine mögliche Bundesratsinitiative aus, in der Paragraph 55 Absatz 2 des Ausländergesetzes geändert werden soll (siehe Dokumentation).

Die Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) stimmt MacLean insoweit zu, als daß das Gerichtsurteil „keineswegs Anreize zum Aufenthalt und zur Einreise von Flüchtlingen geschaffen hat“. „Das Gericht hat die geltende Rechtslage nur bestätigt“, sagt Barbara John. Aber jetzt sei der richtige Zeitpunkt gekommen, darüber nachzudenken, wer freiwillig zurückkehren könne und wer nicht. Denn John geht davon aus, daß nicht jeder Flüchtling, der einreist, Schutz in Deutschland brauche.

Die Anerkennungsquote von Flüchtlingen aus der jetzigen Bundesrepublik Jugoslawien lag 1996 bei 3,07 Prozent. Rund 18.000 Personen, die 1996 gekommen sind, wurden oder werden voraussichtlich noch zur Ausreise aufgefordert. John bemängelt, daß kaum einer freiwillig gehe: „Die Abschiebung, die ich für keine gute Lösung halte, funktioniert kaum“, sagt John. Sie befürchtet, daß dadurch die „Grundannahme der Asylgesetzgebung“ in Gefahr gerate: „Denn es bleiben nicht nur die anerkannten, sondern mehr und mehr auch die abgelehnten Asylbewerber. Neuerdings auch die Zuwanderer, die gar nicht mehr ins Asylverfahren gehen.“

John kritisiert, daß angesichts einer solchen „Nichts-geht-mehr- Situation“ die zuständigen Stellen, Ausländerbehörde und Gerichte, sich im Kreis drehten und sich die Verfahren gegenseitig zuschöben. John glaubt, daß unter dieser Praxis am meisten diejenigen Flüchtlinge leiden, die unter keinen Umständen in ihre Heimatländer zurückkehren können, weder freiwillig noch gezwungenermaßen. Das seien insbesondere Palästinenser aus dem Libanon, afghanische Flüchtlinge und Kurden aus dem Irak, die seit 1991 in Berlin lebten.

Für diese Personengruppen, so John, müßten aufenthaltsrechtliche Lösungen gefunden werden, mit Zugang zur Ausbildung und zum Arbeitsmarkt, damit ihre Integration beginnen kann. nau