■ Kommentar
: Banales Gezänk

Die Sänger der Deutschen Oper werden heute abend wohl mit freudigerer Stimme als gewöhnlich brüllen. Denn ebenso wie der Senat dürfen sie jubeln, daß Schöngeist und Innenminister Manfred Kanther ein paar Millionen Mark für die „Hauptstadtkultur“ bewilligt hat. Das Sümmchen bedeutet einen warmen Regen auf die arg gebeutelten Kulturinstitutionen der Stadt, ganz zu schweigen vom Sieg über die rheinischen Hauptstadt- Animositäten. Dort wird zu Recht darauf verwiesen, daß bereits die Hälfte aller Kulturmittel an die Spree fließt. Das Gezänk war im Grunde banal, ist doch klar, daß der Bund seine kulturellen Interessen in der Hauptstadt ebenso mitzufinanzieren hat wie die Tatsache, daß die einst hochsubventionierten Theater, Orchester oder Museen aus der Fronstadtzeit nicht plötzlich auf Null heruntergefahren werden können.

Weniger banbal bleibt, daß die „Leuchtturmförderung“ darüber hinwegtäuscht, wie wackelig es um die kulturelle Zukunft der Stadt selbst bestellt ist. Nach wie vor müssen Künstler ihre Ateliers schließen, Galerien ziehen um, Gruppen und Kulturämter haben kaum noch Projektmittel zur Verfügung. Das Kunstamt Prenzlauer Berg verschickte jüngst einen Fragebogen an Künstler, um auf die alarmierende Situation im Bezirk aufmerksam zu machen. Das, was einst die Hauptstadtkultur groß gemacht hat, die Subkultur und Off-Szene, nagt am Hungertuch. Da leuchtet was falsch. Rolf Lautenschläger