Kaum beachtete Bilder einer vorgetäuschten Einheit

■ Den britischen Tories fällt es schwer, sich modern und aufgeschlossen zu präsentieren

Dublin (taz) – So wird das nichts mit den Tories. Parteichef William Hague beschwor auf dem Parteitag im nordenglischen Blackpool, der gestern zu Ende ging, zwar die Einheit der Partei, doch bei der Europafrage ist man nach wie vor tief gespalten. In einem Drahtseilakt versprach Hague, im nächsten Wahlmanifest der Währungsunion „auf absehbare Zeit“ eine Absage zu erteilen, aber er tat den Euro- Gegnern nicht den Gefallen, das Pfund Sterling für mindestens zehn Jahre zu garantieren. Allerdings entschuldigte er sich „bei dem britischen Volk für den Schaden“, den die Tories damals durch den Beitritt zum Europäischen Währungssystem angerichtet hätten. Dafür erhielt er den größten Szenenapplaus.

Hague sprach von Reformen, die Tories sollen eine „frische, offene, eindeutige und einige Partei“ werden. Um zu demonstrieren, daß mit der Gerontokratie Schluß sein soll, hatten die Parteiorganisatoren die 15jährige Gemma Nichols ans Rednerpult gebeten. Auch Hague hatte fast auf den Tag genau vor 20 Jahren am selben Ort eine Rede gehalten. Damals war er 16, und die meisten Delegierten waren 1977 schon dabeigewesen. Gestern ermahnte er sie zum Aufbau einer „toleranten und demokratischen Partei“, deren Name nie wieder „durch Habgier und Selbstsucht einiger weniger“ in den Schmutz gezogen werden dürfe. Bei der Debatte im Laufe der Woche hatte Redner um Redner allerdings die Unfähigkeit sämtlicher Tory-Unterhausabgeordneter für die verheerende Wahlniederlage im Mai verantwortlich gemacht.

Einen unerwarteten Verbündeten hat Hague in dem früheren Verteidigungsminister Michael Portillo gefunden. Der Rechtsaußen rief vorgestern zur Toleranz gegenüber alleinerziehenden Müttern und homosexuellen Partnerschaften auf. In der Vergangenheit, sagte Portillo, haben die Tories zwar die richtige Politik gemacht, aber sie seien mit „Strenge, Armut, schlechten Wohnungen und Indifferenz“ in Verbindung gebracht worden. Kein Wunder, war es doch Portillo, der noch vor zwei Jahren unverheiratete Mütter als Parasiten bezeichnet hatte.

Ob sich die frischen Worte auch in einer neuen Politik niederschlagenwerden, bleibt fraglich, denn längst nicht alle sitzen in Hagues Boot. Norman Tebbit, der frühere Parteivorsitzende, wetterte gegen Homosexualität und ein multikulturelles Britannien. Und der ehemalige Minister Alan Clark riet zu einer radikalen Lösung des Nordirland-Konflikts: Die Armee solle einfach 600 IRA-Leute erschießen, dann sei für 20 Jahre Ruhe. Hague rief beide zur Räson. Vom Bild einer „Partei voller Mitgefühl und Toleranz“, war das recht weit entfernt. Ralf Sotscheck