Wahlen zementieren ethnische Spaltung

■ Langerwartetes Ergebnis der Kommunalwahlen in Bosnien-Herzegowina bestätigt Sieg der nationalistischen Parteien. Vertriebene in den Gemeinderäten der umstrittenen Gebiete

Split (taz) – Die Tendenz bei den Ergebnissen der Kommunalwahlen vom 13. September ist eindeutig: Dort, wo einst im vom Krieg zerrissenen Bosnien-Herzegowina hart gekämpft wurde, haben die jeweiligen nationalen Parteien Mehrheiten erhalten. So hat die strategisch wichtige Stadt Brčko eine serbische Mehrheit erhalten. Auch in den von Kroaten eroberten Gebieten Westbosniens haben die Wähler serbische Mehrheiten in die Kommunalparlamente geschickt. Srebrenica hat eine muslimische Mehrheit, und auch in vielen Gemeinden der serbischen Teilrepublik werden die Vertriebenen in den Gemeinderäten stark vertreten sein. Gegentendenz: die Großstädte Banja Luka und Tuzla. Hier gewannen nicht nationalistisch ausgerichtete Parteien.

In der serbischen Teilrepublik konnte sich die nationalistische Karadžić-Partei SDS realtiv gut behaupten – Biljana Plavšić' Partei war nicht zugelassen –, zweitstärkste Kraft wurde die faschistische Serbische Radikale Partei des Vojislav Šešelj. In den muslimisch dominierten Gebieten und in Sarajevo gewann insgesamt die Parteienkoalition um die Nationalpartei SDA, in den kroatisch dominierten Gebieten die kroatische Nationalpartei HDZ.

Brčko wird einer der höchst umstrittenen Orte in Bosnien bleiben. Dort erhält die Karadžić-Partei 17, die Šešelj-Partei sieben und die Sozialistische Partei (Milošević nahestehend) sechs Sitze. Die muslimische Koalition für ein einheitliches und demokratisches Bosnien erhält 16, die nicht national ausgerichteten Sozialdemokraten SDP sieben und die kroatische HDZ drei Sitze. Da im Vorfeld der Wahlen von der OSZE mehrere tausend serbische Wähler erst abgelehnt, dann wieder zugelassen wurden, 10.000 muslimische Wähler des ehemaligen Bezirks Brčko hingegen nicht wählen durften, spricht die bosniakisch-muslimische Seite von Wählermanipulation.

In der Plavšić-Hochburg Banja Luka haben die serbischen Wähler sehr differenziert abgestimmt. Die Stadtpartei Banja Luka erhielt 8 der insgesamt 70 Sitze, die Sozialisten zwölf, die Serbische Partei für Bosnien zwölf, die Radikale Partei acht, die Karadžić-Partei sieben. Auffällig, daß hier nur wenige Vertriebene teilgenommen haben, SDA, HDZ und die Partei für BiH haben zusammengenommen nur 13 Sitze. In ehemals mehrheitlich muslimischen Städten wie in Zvornik oder Foca sind bei diesen Wahlen, bei denen serbische Flüchtlinge an ihren neuen Wohnorten wählen durften, serbische Mehrheiten entstanden.

In dem bosniakisch muslimischen Gebiet gewann die Gemeinsame Liste des Bürgermeisters von Tuzla zwischen 5 und 30 Prozent der Stimmen. Auch die Sozialdemokraten (SDA) schnitten gut ab. In den zwischen Kroaten und Muslimen umstrittenen Gebieten fiel Travnik an die Koalition, Novi Travnik knapp an die kroatische HDZ, Bugojno an die Koalition. In Mostar wird voraussichtlich das Machtgleichgewicht zwischen muslimischen und kroatischen Parteien gewahrt bleiben. Bedeutsam der Sieg serbischer Parteien in der kroatisch kontrollierten bosnischen Krajina: Die Liste für Drvar errang 19, die HDZ 11 Sitze. Erich Rathfelder

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