Höllische, vielschichtige Klänge

■ Simon Nabatov ließ im Überseemuseum den Teufel raus

Bulgakovs satirisch-phantastischer Roman „Der Meister und Margarita“spielt im Moskau der 30er Jahre. Das Werk mit seinen bissigen Seitenhieben gegen die frühstalinistischen Verhältnisse hat den in Moskau geborenen, aber seit langem in Deutschland lebenden Pianisten Simon Nabatov zu einer musikalischen Adaption inspiriert.

Die gut zweistündige und 10 Sätze umfassende Suite übersetzt verschiedene Schlüsselszenen des Romans in ausgesprochen vielschichtige Klangbilder. Darüberhinaus ist die Komposition speziell auf die musikalischen Charaktere seines Ensembles zugeschnitten. Zu dem gehören neben dem Leader Mark Feldman (Geige), Herb Robertson (tp, flh), Drew Gress (b) und Tom Rainey (dr). Das Resultat ist eine Art Filmmusik, deren Bilder sich im Kopf der ZuhörerInnen zu einem imaginären Streifen verdichten, ein farbenprächtiges Klanggemälde, das durch stilistische Vielfalt besticht.

Nabatovs Spiel zeichnet sich durch eine kongruente Verbindung von klassischen und Jazz-Elementen aus. Er verknüpfte leichthändig fließende impressionistische Linien mit neutönerischen Fragmenten, swingende Jazz-Zitate mit Ausbrüchen in freie Clusterschichtungen. Feldman, ausgewiesener Experimentator mit klassischem Background, verwandelte sich tatsächlich in einen Teufelsgeiger, ließ seinen Bogen rasend schnell über die Saiten gleiten, reihte jiepende Glissandi nebeneinander.

Während Robertson einmal mehr bewies, daß er zu den vielseitigsten zeitgenössischen Trompetern gehört Seine Ausdruckspalette reichte von sanft schmeichelnden Linien am Flügelhorn, über schnorchelnd geräuschige Soundmalereien bis zu schneidend scharfen Trompetenstößen. Das Trommeln Raineys war zu Beginn noch sehr von rockigen Mustern geprägt, wurde dann aber zunehmend freier. Die Hauptlast der rhythmischen Grundierung trug hingegen Bassist Gress. So schufen die großartig agierenden Musiker im Verlauf des Abends immer wieder zwingende Bilder, wobei die Ausdruckskraft und Vielfältigkeit der Musik auch ohne Kenntnis des Romans zu beeindrucken wußten, wie einige der leider nur spärlich ins Überseemuseum gekommen ZuhörerInnen versicherten. Jedenfalls schreit die Suite nach einer Aufnahme, Teufel auch. Arnaud