New Labour will ab 1999 in Euro zählen

■ Die ökonomischen Kriterien für die gemeinsame Währung erfüllt Großbritannien. Unsicher bleibt, ob der Euro politisch durchzusetzen ist

Dublin (taz) – Großbritannien erfülle die wirtschaftlichen Voraussetzungen für einen Beitritt zur Europäischen Währungsunion, sagte der Labour-Schatzkanzler Gordon Brown gestern. Ob jedoch auch der politische Wille vorhanden ist, müsse man später sehen, fügte er hinzu. Vor Jahresende ist mit einer Entscheidung nicht zu rechnen, aber Brown sagte, ein früher Beitritt sei „sehr unwahrscheinlich“, da es noch „wesentliche Hindernisse“ gebe.

Brown stellte bei dem EU-Finanzministertreffen in Luxemburg gestern das britische Konvergenzprogramm vor, das auch diejenigen Mitgliedsländer vorlegen müssen, die zunächst nicht bei der gemeinsamen europäischen Währung dabeisein werden. Zu Beginn der Sitzung sagte Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker, die EU würde eine britische Teilnahme begrüßen.

Das Londoner Forschungsinstitut Ernst and Young Item Club hat gestern eine Studie veröffentlicht, nach der die britische Wirtschaft stark genug für eine Teilnahme am Euro schon ab 1999 sei. Die Lasten für Verbraucher, Hausbesitzer und Exporteure wären erträglich, sagte John Gaster, Chef des Instituts. Zwar würden die kurzfristigen Zinsen zunächst sinken, doch durch höhere Steuern unter anderem auf Immobilienkredite ließe sich eine Konjunkturüberhitzung abfangen, meinte er.

Zur Zeit liegt die britische Zinsrate bei sieben Prozent, während die Euro-Kernländer Belgien, Frankreich, Deutschland, Luxemburg, die Niederlande und Österreich ihre Zinsraten vorige Woche in einem gemeinsamen Schritt auf 3,2 bis 3,3 Prozent festgelegt haben. Zieht man jedoch die angepeilte britische Inflationsrate von 2,5 Prozent in Betracht, so liegt die reale Zinsrate auf der Insel bei rund 4,5 Prozent. Mit diesem Durchschnittswert für Zinsen rechnen verschiedene Finanzanalysten und Wirtschaftsexperten zu Beginn der Währungsunion. Das bedeutet, daß Länder wie Deutschland ihre Zinsen noch kräftig steigen lassen werden, hingegen Hochzinsländer wie Spanien, Portugal, Italien oder Irland ihre Zinsen senken müssen. Allerdings gibt es noch einige Unwägbarkeiten. Nach gestern erstmalig veröffentlichten Zahlen ist der Preis für Rohmaterialien in Großbritannien um 1,4 Prozent gestiegen – wesentlich mehr als erwartet. Dadurch gerät die Bank von England unter Druck, die Zinsen weiter zu erhöhen, um die Inflationsrate in Schach zu halten. Der Geldpolitik-Ausschuß der Bank berät darüber am 5. November. Ralf Sotscheck