Scherf hält den Daumen auf den Akten

■ Behörde will personenbezogene Akten nicht an Parlamentarischen Untersuchungsausschuß geben / Grüne drohen mit Klage für uneingeschränkte Akteneinsicht der Ausschußmitglieder

Zwischen dem Untersuchungsausschuß, der die Mißstände und Mißhandlungen im Oslebshauser Knast aufklären soll, und dem Justizsenator ist es zu einem handfesten Krach gekommen. Die Parlamentarier werfen Justizsenator Henning Scherf (SPD) vor, die Arbeit des Ausschusses zu behindern. Das Justizressort weigert sich, dem Ausschuß die Personalakten der Gefangenen und die Disziplinarakten von Bediensteten zu überlassen. Diese „sensiblen Vorgänge dürften schließlich „nicht auf dem Marktplatz verteilt“werden, argumentiert Justizstaatsrat Ulrich Mäurer. Gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Ausschusses will er deshalb ein Verfahren finden, daß die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen wahrt. Anstatt die Akten, wie bisher für alle Ausschußmitglieder zu kopieren, sollen die Parlamentarier die Akten nur noch an zentraler Stelle einsehen dürfen. Außerdem soll Protokoll darüber geführt werden, wer die Akten eingesehen hat. Gegen dieses Verfahren haben die Grünen gestern mit Klage gedroht.

„Natürlich sind das hochsensible, personenbezogene Daten. Es grenzt aber an Beleidigung, wenn Ausschußmitgliedern pauschal unterstellt wird, sie würden mit den Informationen in der Öffentlichkeit hausieren gehen“, empört sich Karoline Linnert (Grüne). Selbstverständlich müsse der Datenschutz gewährleistet sein. Der Justizsenator nutze den Datenschutz allerdings nur als „Vorwand, um die Arbeit des Ausschusses zu behindern“.

Auch Hans-Christoph Vogelberg, Ausschuß-Assistent der CDU, sieht „Schwierigkeiten, den gefaßte Beweisbeschluß ohne die Akten umzusetzen“. Außerdem sei es aus arbeitsökonomischer Sicht „schlecht durchführbar, wenn sich alle eine Akte zur Ansicht teilen müßten.“Das sieht auch Albert Marken (AfB) so. „Wenn wir die Akten nicht bald bekommen, kriegen wir Schwierigkeiten, uns auf die Termine, die ja schon in der nächsten Woche sind, vorzubereiten. Das muß noch diese Woche geklärt werden.“

In Hamburg standen die Mitglieder des Untersuchungsausschusses „Hamburger Polizei“, der von 1993 bis 1996 die Mißhandlungen durch Polizeibeamten untersuchte, vor dem gleichen Problem. Der Senat weigerte sich, personenbezogene Daten an den Untersuchungsausschuß weiterzugeben.

Der Ausschuß ließ die Akten daraufhin beschlagnahmen. „Wir waren brüskiert, daß der Senat uns unterstellt hat, wir würden die Unterlagen nicht vertraulich behandeln und wollten nicht klein beigeben. Wir sind vor Gericht gezogen. Uns war bewußt, daß wir als Abgeordnete die Pflicht hatten, uns diese Informationen zu besorgen“, erinnert sich Prof. Dr. Ulrich Karpen (CDU), Jurist und Vorsitzender des Ausschusses.

Das Hamburgische Verfassungsgericht verpflichtete den Ausschuß nachzuweisen, „daß Vorkehrungen für eine sichere Unterbringung der Akten getroffen worden seien, die die Akten vor dem Zugriff Unbefugter schützten (HVerfG 1/95).“In der Praxis bedeutete das, daß die höchstpersönlichen Daten nur von Obmännern der jeweiligen Fraktion eingesehen werden durften. „Das war mühsam, aber wir haben uns damit arrangiert“, so Karpen. „Das ging aber nur, weil die Obleute mit ihren Informationen nicht hinterm Berg gehalten haben. Trotzdem war es frustierend feststellen, daß der Senat dem Parlament immer wieder Steine in den Weg rollen wollte.“ kes