14 Länder ersparen sich den Euro

■ Nach der neuesten Schätzung der EU-Kommission wird nur Griechenland die Euro-Kriterien verfehlen. Doch Großbritannien, Dänemark und Schweden verzichten von sich aus auf den sofortigen Einstieg in die Währungsunion

Brüssel (taz) – Entgegen allen früheren Erwartungen wird die Europäische Währungsunion voraussichtlich mit 11 oder sogar 12 EU-Ländern starten. Die EU-Kommission hat gestern in ihrer Herbstprognose ein überaus optimistisches Szenario entworfen. Mit Ausnahme von Griechenland können danach alle EU-Länder bis zum Mai nächsten Jahres die Aufnahmebedingungen schaffen. Frankreich verfehlt das Defizitkriterium nur um 0,1 Prozent.

Großbritannien und Dänemark wollen jedoch von sich aus verzichten, und auch Schweden behält sich bisher vor, nicht vom Start weg mitzumachen. Erstaunlich positiv sieht die EU-Kommission die Entwicklung in Italien. Der für Währungsfragen zuständige EU-Kommissar Yves Thibault de Silguy geht davon aus, daß die römische Regierung trotz der aktuellen Probleme mit den Neokommunisten die geplanten Sparmaßnahmen im wesentlichen umsetzt und sich damit für die Währungsunion qualifiziert. „Wir haben das auf der Datenbasis vom September durchgerechnet“, sagte Silguy gestern in Brüssel.

Den einzigen Warnschuß schickte Kommissar Silguy Richtung Paris. Das Herbstgutachten geht davon aus, daß Frankreich die im Maastrichter Vertrag vorgegebenen drei Prozent beim Haushaltsdefizit um 0,1 Prozent überschreitet. Für diesen Fall sieht der Vertrag allerdings eine Ausnahmeregelung vor, die eine geringfügige Überschreitung zuläßt.

Die Kommission erwartet in der EU ein beschleunigtes Wachstum und eine Rückkehr von Unternehmer- und Verbrauchervertrauen. Im nächsten Jahr wird mit drei Prozent Wachstum gerechnet. Das ermögliche 700.000 neue Arbeitsplätze in diesem Jahr und 1,3 Millionen im kommenden Jahr. Von 1997 bis 1999 werden nach Brüsseler Schätzungen in der EU insgesamt 3,8 Millionen Arbeitsplätze neu entstehen.

Nur in Deutschland und Schweden werde die Zahl der Arbeitslosen in diesem Jahr noch wachsen. Aber 1998 und 1999 werde sich auch in Deutschland die Situation verbessern. Größere inflationäre Tendenzen sieht die Kommission derzeit nicht. De Silguy forderte die Staaten auf, die günstige Konjunktur zu nutzen, um weiter strukturelle Hindernisse für mehr Arbeitsplätze abzubauen. Alois Berger

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