Die Anonymität des Lagerfeuer

■ Der nach Neil Young zweitbeste Neil Young Chris Cacavas läutet mit feinfühligen Tönen die Herbstsaison ein

Schick, schlicht und schwarz ist das neue Album von Chris Cacavas. Auch bei seinem mittlerweile fünften Solowerk seit seinem Austritt bei den Wüstenrockern Green on Red, kann man nicht gerade behaupten, daß er sich viel um musikalische Trends und Neuerungen schert. Anonymous, von Ex-Dream-Syndicate Steve Wynn sehr feinfühlig produziert, setzt vielmehr auf Kontinuität und qualitatives Songwriting, das den 13 Songs ihren reifen entspannten Charakter gibt, so daß man fast verlockt ist von einem „Werk“zu sprechen.

Nach Red Apple Falls von Smog schon die zweite schöne Herbstplatte der Saison, ist Anonymous eine sehr warme, willkommen heißende Platte geworden, die einen Bogen spannt über ruhig fließende Stücke mit Steel Guitar und Mundharmonikabegleitung bis zu Crazy-Horse-Stücken wie „Sullen“oder „Big Joke“, die auch ohne fette Schweinesoli und ähnlich brachiale Dinge zu rocken wissen. Während Cacavas auf den vorherigen Platten, etwa bei dem Song „Over You“noch in melancholischen Tönen seiner vor zwei Jahren verlorenen Liebe nachtrauert, wirkt er nun bei dem verspielten „Is this a love song?“fast schon ironisch, wenn er seine eigene Frage mit „most definitely“beantwortet.

Wenn die Bezeichnung „alter Haudegen“nicht militärisch besetzt wäre, könnte man Cacavas wohl getrost als einen solchen bezeichnen, da seine Konzerte mittlerweile so etwas wie alteingesessene Institutionen der guten Unterhaltung geworden sind. Begleitet wird der nach Neil Young zweitbeste Neil Young der Welt allerdings nicht mehr von Junkyard Love, sondern von einer neuen Formation, mit der er vor kurzem auch schon Anonymous aufgenommen hat. Auftreten wird er jedoch nicht – wie mein Mitbewohner beim Hören von Anonymous assoziert – in einem mit Herbstlaub bedeckten, leeren Zirkuszelt, sondern wie immer immer in der Country- und Folkhochburg der Stadt.

Jens Kiefer

So, 19. Oktober, 20 Uhr, Knust