Sag's durch die Dose

■ Übersee-Museum zeigt Ausstellung über Südseevolk

Sie, werte Leser, lieben eine Frau. Sie wissen, was zu tun ist. Blind vor Liebe, wie es dieser Zustand nunmal mit sich bringt, kratzen Sie all Ihre Ersparnisse zusammen und stürzen zum teuersten Juweliergeschäft. Dort legen Sie Ihr Geld und das letzte Hemd auf den Tresen und schwanken anschließend halbnackt zu Ihrer Angebeteten, um ihr voller Stolz ihn zu zeigen. – Nein, Sie Ferkel, nicht das meinen wir. Ihn, das ist natürlich ein sauteurer Diamant, Zeichen Ihrer Wertschätzung, Ihrer Leidenschaft, Ihrer Hingabe und davon, daß Werbung auch wirklich alles aus Ihnen machen kann.

Auf Manus, einer kleinen Südsee-Insel in der Provinz Papua-Neuguinea, läuft die Sache anders, aber im Prinzip ganz ähnlich. Auch dort liebt mancher Mann eine Frau. Aber um seine Liebe zu bekunden, läuft dieser Mann nicht selber los, sondern schickt seine Verwandschaft zur Bank. Die holen mengenweise Kinascheine vom Konto (1 Kina = 0,78 Mark) und stecken sie der Auserwählten im Namen des verliebten Herrn an das Stirnband, unter den BH-Träger oder zwischen die Armreifen.

Brautpreiszeremonien dieser Art spielen in der traditionellen Kultur der Manus eine zentrale Rolle. Und da das Übersee-Museum in einer Sonderausstellung namens „Teure Bräute. Manus – Kunst und Leben auf einer Südsee-Insel“seine weltweit größte Sammlung an Kulturgütern der Manus erstmals öffentlich zeigt, nimmt diese Zeremonie zwangsläufig einen großen Raum ein.

So erfährt man, daß der Begriff Brautpreis eigentlich irreführend ist. Denn nicht nur der Clan des Ehemannes erhöht die Geldzirkulation, auch die Verwandschaft steigert mit Blick auf die Vermählung das Bruttoinlandsprodukt. Denn während die Männersippschaft die Sparkassen belagert, stürmt die Gegenseite die Supermärkte. Dort kaufen sie z. B. Zweikilosäcke trukai Rice, klauben Mackerel in natural oil-Fischkonserven und ein paar Dosen Ox & Palm brand corned beaf aus dem Regal, befördern auf dem Weg zur Hochzeit noch ein paar Wildschweine ins Jenseits und legen all das dem Zukünftigen zu Füßen. Ein wahres Tauschgeschäft also, bei der beide Seiten profitieren. „Schließlich heiraten“, so Sylvia Ohnemus vom Museum für Völkerkunde in Basel, das einige Exponate aus eigenen Beständen zugesteuert hat, „bei den Manus in erster Linie nicht die Individuen, sondern die beiden Clans.“

Aber nicht nur die Bestände der Supermärkte von Manus sind im Übersee-Museum zu sehen. Ein Großteil der Sammlung dokumentiert anhand von Kunst- und Alltagsgegenständen die handwerkliche Kunstfertigkeit der Südsee-InsulanerInnen. Reich verzierte Bootsrümpfe, Schöpfkellen, Waffen und Schmuckobjekte aller Art zeigen den Reichtum an Farben und Formen, die diese Kultur auszeichnet. Doch keine Schönheit ohne nahenden Schatten: Viel handwerkliches Geschick ist im Zuge der Modernisierung und infolge des Kolonialismus verloren gegangen, und an die Stelle der alten Materialien treten zunehmend industriell gefertigte Stoffe. Auch auf Manus haben Plastik und Glasperlen Einzug gehalten, so daß ein Großteil der ausgestellten Gegenstände aus längst vergangenen Zeiten stammt. Dr. Ludwig Cohn, der Anfang des Jahrhunderts als Zoologischer Assistent im Übersee-Museum gearbeitet hat, hat während seines Besuchs auf Manus im Jahr 1912 die meisten der ausgestellten Objekte „zusammengetragen“. Damals hieß Manus Deutsch-Neuguinea und war eine deutsche Kolonie. zott

Die Ausstellung ist, begleitet von einer Fotoausstellung über Korallengärten in der Südsee, bis zum 31. Mai 1998 zu sehen