■ Vorschlag
: Jugend in Schwarzweiß: Jazz-Fotografien im Amerika Haus

Herman Leonard: Ella Fitzgerald, 1948 Abb.: Katalog

„Danke! Oh tausendmal danke!“ Der kleine, grauhaarige Herr war kaum zu halten: „Sie haben mir meine Jugend wiedergegeben“, ruft er den drei Meisterfotografen zu und schüttelt den verblüfften amerikanischen Herren, die leider kein Wort verstanden haben, ekstatisch die Hände. „Die Jugend“ wird in der Ausstellung im Amerika Haus manchem ergrauten Jazz-Enthusiasten wiedergegeben. Die Jugend des Jazzers sind Fotos in Schwarzweiß.

Manche mehr schwarz, manche mehr weiß, manche zwielichtig und grau. Die Fotos von William Claxton etwa sind eher weiß. Er hat seine Jazzer aus den Clubs gebeten, hat John Coltrane in einer Kunstausstellung getroffen und ist mit Donald Byrd eine ganze Nacht lang U-Bahn gefahren. Claxtons Fotos haben in den 50er Jahren entschieden an der Popularisierung des Jazz in den USA mitgewirkt. Seine Fotos zeigen den Jazzer als Durchschnittsamerikaner, aus der Avantgarde-Musik wird Mainstream.

Da hatte William P. Gottlieb dem Jazz schon eine ganze Weile den Rücken gekehrt. Er hatte 19jährig in der Washington Post die erste regelmäßige Jazz-Kolumne in einer großen Tageszeitung eingeführt. Für einen Fotografen gab es kein Geld. Da mußte er selber fotografieren, leistete sich nur zwei, drei Fotos pro Session und mußte also den besten Moment abwarten und präzise arrangieren. So wirken die meisten seiner Fotos wie im Studio gemacht und sind doch den widrigen Bedingungen der verrauchten Jazz-Clubs abgetrotzt. Das geht zwar auf Kosten der Atmosphäre rundherum, dafür spürt man die Musik des Augenblicks im Ausdruck der Musiker.

Herman Leonard schließlich ist der Ästhet der Clubwelt, des Zwielichts, der Welt, wie sie damals trank und rauchte. Seine Fotos sind kunstvolle (und manchmal künstliche) Arrangements, Kompositionen aus Licht, Rauch und Saxophonglanz. Wer nicht sein Porträt von Ella Fitzgerald in einem New Yorker Club von 1948 gesehen hat, der weiß nicht, wie das damals war, vor 50 Jahren, als der Jazz noch wild war und grauhaarige Herren noch jung. Volker Weidermann

„Die Meisterfotografen des Jazz“. Bis 14.11., Mo bis Fr 11 bis 17 Uhr, Amerika Haus, Hardenbergstr. 22–24