Kein Propagandamegaphon

■ Der staatliche Sender von Bosnien und Herzegowina lädt die Öffentlich-Rechtlichen zum Programmexport – bisher vergeblich

Aus Bosnien kommt ein außergewöhnliches Angebot an die öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland: eine Aufforderung zum Export von Rundfunk. Der staatliche Sender von Bosnien und Herzegowina (RTVBH) bietet den Öffentlich-Rechtlichen an, ihre Inhalte in seinem Satellitenprogramm auszustrahlen. Kein Fernsehsender der Welt würde das einem anderen Land erlauben, meinte RTVBH-Beauftragte Susanne Prahl: „Bosnien-Herzegowina macht das aber – die Türen sind hier wirklich offen.“ Auch deutsch-bosnische Koproduktionen seien vorstellbar.

Der Satellitenkanal von RTVBH ist eine der wenigen Möglichkeiten für die in ganz Europa versprengten Flüchtlinge, sich ein Bild von der Situation in ihrer Heimat zu machen. Die Mittel von RTVBH reichten bisher nur für eine Verbreitung über Eutelsat von 22 bis 24 Uhr. Programme von deutschen Anstalten wären einerseits eine Möglichkeit für die Flüchtlinge in Deutschland, sich umfassender zu informieren. Andererseits wäre es ein Zeichen an den Zusammenschluß der unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Europas (EBU), in deren Gemeinschaft RTVBH gerne aufgenommen werden möchte.

Der Sender bekommt vom Staat nicht einmal genug Geld, um seine Journalisten zu entlohnen – die letzten Reserven flossen in die notwendige Berichterstattung über den Papstbesuch im April. „Aus Brüssel gibt es bisher nix“, schimpft Richard Dill, Bosnien- Beauftragter bei der EBU. Brüssel und die USA hätten RTVBH zu Unrecht mit den „Haßmachern und Propagandamegaphonen“ in anderen Staaten Rest-Jugoslawiens in einen Topf geworfen. Rund 17 Millionen Mark seien in den letzten anderthalb Jahren deshalb nicht an den staatlichen Rundfunk, sondern an den Kommerzsender OBN geflossen, der laut Dill ein „indiskutables“ Programm ausstrahlt. Die EBU will erreichen, daß die Europäische Union und andere Geldgeber den Aufbau eines dualen Systems aus privatem und öffentlich-rechtlichem Rundfunk fördern.

Um demnächst stärker berücksichtigt zu werden, ließ RTVBH gestern in Brüssel wissen, daß ihm für die nächsten drei Jahre ganze 42 Millionen Mark fehlen. RTVBH will jedoch nicht bloß Geld, sondern auch praktische Hilfe. Eine Möglichkeit wäre die besagte Zusammenarbeit beim Satellitenprogramm, die auch Leute wie der ehemalige EU-Administrator in Mostar, Hans Koschnick, interessant finden. Für die Umsetzung müßten die Intendanten aktiv werden und ihre Bereitschaft zeigen, sagt Koschnik. Doch obwohl RTVBH die Kooperation bereits im August in einem WDR-Interview angeboten hat, gibt es offenbar bislang nicht mal Verhandlungen. Weder bei der Deutschen Welle noch beim WDR sind Gespräche über eine Zusammenarbeit oder die Übernahme von Programmen bekannt. Georg Löwitsch