Alte Weltkriegskämpfer treffen den Nachwuchs

■ Der umstrittene Orden der Ritterkreuzträger feiert mit der Bundeswehr in Hammelburg. Edmund Stoiber (CSU) ist Schirmherr. Hans-Jochen Vogel (SPD) fordert Absage des Treffens

Nürnberg (taz) – Bei ihrem Dresdener Treffen im letzten Jahr war sie noch unerwünscht, dieses Jahr ist die Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger (OdR) bei der Bundeswehr willkommen. Für ihr 43. Bundestreffen, das am Wochenende im unterfränkischen Hammelburg stattfindet, stellt die Truppe ihre Infanterieschule und lädt zum Kameradschaftsabend. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) übernimmt die Schirmherrschaft und ehrt die ehemaligen Frontsoldaten und SS- Kämpfer mit einem Grußwort.

Vor Ort regt sich Protest. SPD, Bündnisgrüne und IG Metall fordern Bundesverteidigungsminister Volker Rühe auf, das Zusammentreffen zu verhindern. Auch der frühere SPD-Vorsitzende Hans- Jochen Vogel plädierte gestern dafür, die Veranstaltung abzusagen. Schon 1995 habe Rühe erklärt, die Wehrmacht sei in die Verbrechen des Dritten Reiches verwickelt und könne der Bundeswehr nicht als Vorbild dienen. Dies sei mit einem Treffen von Soldaten und Veteranen nicht vereinbar.

Wolfram Kertz, Vorsitzender der OdR, versteht die Aufregung nicht. „Da treffen sich alte Opas, die in Ruhe und Frieden mit Freunden ein Glas Bier trinken wollen“, beschwichtigte er. Der Organisation geht es um die „Pflege des echten Soldatentums“ und um die „ideellen Werte der höchsten Auszeichnung des Zweiten Weltkrieges“. Gemeint ist das Ritterkreuz. 1939 wurde es als neue Form des Eisernen Kreuzes eingeführt. Adolf Hitler verlieh den Orden 7.318 Soldaten, darunter 438 Angehörigen der Waffen- SS.

Zu früheren Jahrestreffen der OdR kamen Rechtsextremisten wie Max Klüver, Referent der neonazistischen Hetendorfer Tagungswoche, oder Otto Riehs, Spitzenkandidat der verbotenen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP).

Dessen ungeachtet bescheinigt Edmund Stoiber dem Orden, „auf dem Boden unserer freiheitlich- demokratischen Grundordnung“ zu stehen. Daß die Bundeswehr sich mit einer Totenwache, einem Kameradschaftsabend sowie einer Führung durch die Kaserne beteilige, zeige, daß es „eine Kontinuität des Erinnerns und des Mahnens an dunkle Zeiten unserer Geschichte“ gebe.

Die Zeitschrift des OdR spricht andere Worte. Da ist von „polnisch besetzten Gebieten“ die Rede, man leugnet die deutsche Kriegsschuld, konstatiert in der Bundesrepublik eine „Tendenz zur Gesinnungsdiktatur“ und wirbt für die Zeitungen des DVU-Vorsitzenden Gerhard Frey. Wegen solcher Inhalte hat Dresdens Oberbürgermeister Wagner die Begrüßung der OdR-Kämpen 1996 abgelehnt, auch die Bundeswehr ging auf Distanz. Diesmal betont der Kommandeur der Infanterieschule, Wulf Wedde, die „besondere Bedeutung des Eisernen Kreuzes als nationales Erkennungszeichen und als Sinnbild für Tapferkeit, Freiheitsliebe und Ritterlichkeit“. Hammelburgs Bürgermeister Arnold Zeller ist anderer Meinung. Den Ordensträgern hat er ins Stammbuch geschrieben, sie hätten „ihr Leben für ein verbrecherisches System“ gewagt, ihr Kampf sei „sinnlos“ gewesen. Bernd Siegler