Der Charme der Sachzwänge

Die Hamburger SPD setzt sich bei Hafenerweiterung und Elbvertiefung gegen die GAL durch. Beide Projekte sind für einen Stopp zu weit fortgeschritten  ■ Aus Hamburg Silke Mertins

Ausgerechnet die linke Hamburger GAL-Vorstandssprecherin Antje Radcke mußte verkünden, welche Kröten ihre Partei geschluckt hat. Nach 10stündigen Koalitonsverhandlungen trat sie zusammen mit dem SPD-Parteichef Jörg Kuhbier am späten Dienstag abend vor die Presse: „Wir haben uns bei der SPD nicht durchsetzen können“, sagte Radcke. Deshalb habe die GAL den jahrelang bekämpften Öko-Sünden Elbvertiefung und Hafenerweiterung Altenwerder zugestimmt. Überraschend kam diese Einigung nicht.

Beide Projekte sind viel zuweit fortgeschritten, um sie noch aufhalten zu können. Im November beginnen die Baggerarbeiten in der Elbe, und das Biotop Altenwerder ist bereits eine Sandwüste. Mit Spannung wurde jedoch erwartet, welchen Preis die GAL für ihr Jawort zur Naturzerstörung ausgehandelt hat. Durchgesetzt hat die grüne Delegation unter Leitung der GAL-Fraktionschefin Krista Sager lediglich, daß nicht noch noch mehr kostbare Fläche – namentlich der Stadtteil Moorburg – dem Hafen geopfert wird. Bis zum Jahr 2035 soll Moorburg verschont bleiben. Der Stadtteil wird jedoch nicht aus der Planung herausgenommen, wie die GAL gefordert hatte.

„Wir sind uns bewußt, daß das noch nicht alles an partnerschaftlicher Zusammenarbeit gewesen sein kann“, räumte SPD-Chef Kuhbier ein. Als Ausgleich sollen der GAL ein neues Naturschutzgebiet und Zugeständnisse beim Wohnungsbau auf der grünen Wiese angeboten werden. Die Einzelheiten müssen noch ausgehandelt werden. Immerhin einigte man sich auf Druck der GAL darauf, den Hafen künftig wirtschaftlicher zu führen und dem Subventionswettlauf zwischen Hamburg, Rotterdam und Antwerpen mit einer „Hafenkooperation“ entgegenzuwirken. Morgen steht das Thema Verkehr auf der Tagesordnung. Auch hier wird erwartet, daß die GAL beim umstrittenen Flughafenausbau nachgibt.