Bund beschließt, Länder zahlen

■ Der Streit um den „Anwalt des Kindes“ zeigt, daß die Länder Bundesinitiativen zu Recht ablehnen, wenn sie allein dafür zahlen sollen

Freiburg (taz) – Der Streit um den „Anwalt des Kindes“ folgt einem bekannten Muster. Im Bundestag raufen sich RechtspolitikerInnen über die Fraktionsgrenzen zusammen und beschließen Neuerungen, während die Länder, wiederum über die Parteigrenzen hinweg, die Innovationen für „derzeit unbezahlbar“ erklären. Anders als etwa bei Steuer- und Rentenreform wird der Bundesrat hier nicht als parteipolitisches Blockadeinstrument mißbraucht. Es handelt sich vielmehr um echte Bund-Länder-Konflikte.

So wird morgen im Bundesrat voraussichtlich ein Antrag beschlossen, den Beginn der dringend notwendigen Insolvenzreform um drei Jahre zu verschieben. Es geht hier um die Hilfe für rund 2 Millionen völlig überschuldete private Haushalte, denen das neue Konkursrecht wieder ein geregeltes Leben ermöglichen soll. Die Länder sind zwar durchaus für diese „sozialpolitische Großtat“, wollen sie aber zeitlich hinauszögern. Denn sonst müßten sie in der ohnehin überlasteten Justiz sofort mehrere tausend Stellen schaffen. Der Konflikt mit dem Bundestag ist damit vorprogrammiert.

Zweites Beispiel: Im Strafvollzugsgesetz soll endlich festgeschrieben werden, daß die Länder genügend Therapieplätze für Sexualstraftäter vorhalten müssen. Vor allem in den Flächenstaaten besteht großer Nachholbedarf. Bayern aber wehrte sich bis zum Schluß gegen eine rigide Regelung. Als Kompromiß wurde jetzt bestimmt, daß die Pflicht der Länder erst in fünf Jahren beginnt.

Die Länder beschweren sich allerdings umgekehrt, daß der Bund Vorschläge blockiere, die der Länderjustiz helfen könnten. Ein Rechtspflegeentlastungsgesetz liege schon seit Monaten in Bonn, ohne daß die Parlamentarier sich sonderlich dafür engagierten.

Tatsächlich hält sich die Begeisterung der Abgeordneten fraktionsübergreifend in Grenzen, denn das Gesetz gilt als unüberlegt und aktionistisch. „Die bloße Anhebung der Streitwertgrenzen führt nur zur Mehrbelastung der unteren Gerichte. Und ein weiterer Abbau von Verteidigungsrechten bringt überhaupt keine Entlastung, wie die Vergangenheit gezeigt hat“, bringt Bernhard Böhm, Sprecher des Bundesjustizministeriums, die Stimmung auf den Punkt. Christian Rath