McKinsey will Kultur dritteln

■ Rechnung mit vielen Unbekannten: Gutachter empfehlen (vorläufig) drei „Säulen“für die Kulturförderung / Fraglich: Welche Aufgaben bleiben für die Deputation?

Die drei für Wirtschaftsmarketing zuständigen Gesellschaften möchte McKinsey zusammenfassen, doch in der Kultur schlägt die Unternehmensberatungsfirma, die seit Sommer das Liegenschaftswesen, die Landesentwicklung und die Kulturförderung unter die Lupe nimmt, das genaue Gegenteil vor: Wie Fritz Oidtmann jetzt vor eingeladenen VertreterInnen Bremer Kultureinrichtungen erklärte, halten die GutachterInnen eine Dreiteilung der bisherigen Kulturförderung in eine Kultur GmbH, in einen Eigenbetrieb Kultur sowie in ein Kulturbüro e.V. für empfehlenswert. Als Leitlinie gelte der Erhalt der Vielfalt und des Umfangs des kulturellen Angebots. Doch Antworten auf detaillierte Nachfragen blieb Oidtmann nach Angaben mehrerer TeilnehmerInnen unter Verweis auf das endgültige Gutachten schuldig, das McKinsey und die als Subunternehmer hinzugezogene Beraterfirma Culturplan Ende Oktober vorlegen wollen.

Aber schon die vorläufigen Empfehlungen haben es in sich: Demnach sollen die Institutionen „von überregionaler Bedeutung“wie das Theater am Goetheplatz, das Überseemuseum oder die Weserburg fortan unter dem Dach einer Kultur GmbH firmieren. Für regional bedeutsame Einrichtungen wie die Landeszentrale für politische Bildung oder die Stadtbibliothek wäre der städtische Eigenbetrieb Kultur zuständig. Um den Rest soll sich ein zumindest sprachlich bescheidener Verein namens Kulturbüro kümmern. Was auf den ersten Blick wie eine bloße Neuorganisation aussieht, birgt auf den zweiten politischen Zündstoff.

Denn nach den Plänen McKinseys soll jede dieser drei Gesellschaften der Oberaufsicht der KultursenatorIn unterstellt und mit Aufsichtsrat und GeschäftsführerIn ausgestattet werden, die selbständig über die Vergabe der Mittel entscheiden. Die Kulturdeputierten, die schon bislang faktisch nur noch kosmetische Korrekturen am Haushaltsplan vorgenommen haben, hätten dann praktisch keinerlei Einflußmöglichkeiten mehr, ob und in welchem Umfang die Shakespeare Company, der Kulturladen Brodelpott oder die Kunsthalle gefördert werden. Welche Aufgaben die Kulturdeputation dann noch hat, ist mit dieser Art Entmachtung ebenso ungewiß wie das künftige Tätigkeitsspektrum der bestehenden Kulturverwaltung. Hier wie dort soll sich dem Vernehmen nach schon Protest regen.

Auch in finanzieller Hinsicht sind die vorläufigen McKinsey-Empfehlungen bedenklich. Nach einer Berechnung der GutachterInnen wird Kultur in Bremen jährlich mit insgesamt 167 Millionen Mark brutto gefördert. In diesem Betrag sind allerdings fiktive Mieten oder auch Mittel der Stiftung Wohnliche Stadt enthalten, die laut Stiftungssatzung nur für Investitionen verwendet werden dürfen. Abzüglich dieser zum Teil virtuellen Gelder kommt McKinsey auf eine Nettoförderung von 144 Millionen Mark. Darin sind allerdings immer noch die Personalausgaben von über 40 Milionen Mark enthalten. Davon sollen die Kultur GmbH 92 Millionen Mark, der Eigenbetrieb 33 Millionen und das Kulturbüro 19 Millionen Mark bekommen. Nahezu unberücksichtigt bleibt dabei die erklärte Absicht von Senatskanzleichef Reinhard Hoffmann, die Kulturförderung spätestens ab dem Jahr 2000 um 20 Millionen Mark zu verringern. Da begnügt sich McKinsey bloß mit pauschalen Empfehlungen, die Einnahmen durch Vermietung und andere zusätzliche Angebote zu erhöhen.

Am 31. Oktober will McKinsey das Gutachten vorlegen. Die Kulturdeputation hat sich zu einer Sondersitzung Ende November verabredet. ck