Psychoterror von rechtsaußen

■ Faschistischer Steckbrief gegen PDS-Bundestagsabgeordnete aus Hamburg/ Staatsanwaltschaft und Staatsschutz prüfen Von Peter Müller

Die neonazistische „Anti Antifa“ ist wieder aktiv. Am Mittwoch legte sie in der Altonaer Königstraße stapelweise detaillierte Steckbriefe mit Foto der PDS-Bundestagsabgeordneten Ursula Jelpke aus. Ziel der Aktion: Der „Antifaschistin Jelpke“ soll „klar gemacht werden, daß auch nationalgesinnte Menschen ein Recht auf Meinungsäußerung haben“. Wie diese Drohung umgesetzt werden soll, wird offen gelassen – wohl um einer Strafverfolgung zu entgehen.

„Nationalgesinnte Bürger“ werden zur Nachahmung aufgefordert: „Nennen sie uns weitere sogenannte Antifaschisten (...) und/oder machen sie solche öffentlich.“ Im Text bezeichnen die Nazis Jelpke als „Bindeglied der ,demokratischen' SED/PDS zur linksradikalen Szene“ und „Unterstützerin von antifaschistischen Mörderbanden“.

„Anti-Antifa“-Aktivitäten haben in Hamburg Tradition. Die Initiatoren der nazipartei- und gruppenübergreifenden Kampagne gegen AntifaschistInnen und mißliebige Personen waren die Hamburger Chefs der „Nationalen Liste“ (NL), Christian Worch und Thomas Wulff. Schon 1992 starteten sie ihre Aktion mit einer „Anti-Antifa“-Sondernummer der Parteipostille „Index“ und „dokumentierten“ detailliert und mit Fotos angebliche linksradikale Zentren und vermeintlich linke AktivistInnen.

Der Staatsschutz hat sich mittlerweile eingeschaltet. Polizeisprecher Hartmut Kapp: „Wir haben den Vorgang der Staatsanwaltschaft zur rechtlichen Bewertung vorgelegt.“ Wie in ähnlichen Fällen war der Drohbrief zuerst dem Opfer zugefaxt und dann in der Nachbarschaft verteilt worden. Daher sei der Steckbrief vor allem als „Instrument des Psychoterrors“ zu bewerten. Kapp: „Über eine Verteilung in rechtsextremistischen Kreisen ist nichts bekannt.“ Dennoch nimmt die Polizei den Drohbrief ernst, weil es leicht zu Nachahmern am Rande der rechten Szene kommen könne.

Der Inhaber des Kontaktpostfachs in Altona, so Kapp, sei dem Staatsschutz als Mitglied der rechtsradikalen Szene bekannt. Es ist kein Geheimnis, daß viele FAP-Mitglieder nach dem FAP-Verbot zur legalen NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ gewechselt sind.

Unterdessen sind drei Skinheads der verbotenen Nationalen Liste (NL) vom Landgericht wegen Volksverhetzung zu drei Monaten Knast auf Bewährung verurteilt worden. Sie hatten im November 1993 im Garten des Bramfelder Pastors Klaus Jähn das Horst-Wessel-Lied skandiert. Zuvor hatten Neonazis über Pastor Jähn ebenfalls einen Steckbrief verfaßt. In den Monaten darauf wurde auf den engagierten Geistlichen ein Bombenattentat verübt und das Schiff der Simeon-Kirche verwüstet.