Hochzeit im globalen Dorf

■ Ali Hassan Kuban und Zuhura Swaleh bringen Weltmusik in die Fabrik

Völker ohne Staat haben es schwer, anders als durch Mythen oder Klischees im Bewußtsein zu bleiben. Die Nubier etwa kennt der Mitteleuropäer, je nach Bildungsstand und kulturellem Interesse, aus dem Lateinunterricht als ein von den Römern bekämpftes Volk von Wilden, aus Asterix als dumm-kräftige Gladiatoren oder Galeerenpauker, aus kolonialistischen Darstellungen oder aber aus Leni Riefenstahls postnationalsozialistischen Reportagen über Die Nuba von Kau. Neuerdings taucht der Name gelegentlich wieder auf, wenn es um die fundamentalistischen Amoktaten im Sudan geht, dem traditionellen Siedlungsgebiet des Stammes. Im großen, ganzen und genauen weiß man in Europa über die Nubier aber nichts.

Folglich ist ein musikalischer Botschafter wie Ali Hassan Kuban, der die vitale Tanz- und Hochzeitsmusik seines Volkes bis an die Spitze der Weltmusik-Charts führt, ein nicht zu unterschätzender Gegenpol zum tief sitzenden Emblem des großen, schönen und glänzenden Schwarzen, wie Riefenstahl es zuletzt wieder hervorgerufen hat. Da Kuban keine nationalistischen Ziele verfolgt, sondern das „Think local, act global“ mit Witz und Charme auf die Bühne und auf Tonträger überträgt, verkörpert er ein Format von Weltbürger, wie man es sich in den von Religionswahn und Bürgerkriegen gequälten Ländern Nordafrikas noch sicherlich weit mehr wünscht als hier, wo umgekehrt zuviel globale Information die lokale verschüttet.

Mit Kuban verbindet Zuhura Swaleh, die vier Tage später ebenfalls in der Fabrik auftritt, zweierlei: Auch sie spielt hauptsächlich Hochzeitsmusik und sorgt sich wie der Weltmusiksuperstar um eine gesunde Verbindung von traditionellen Elementen und Spuren verträglicher Einflüsse aus anderen Ländern. Dabei ist ihr Mixing weit vorsichtiger als das Ali Hassan Kubans, der mit Synthesizern, groovigen Baßläufen, temporeichen Geradeausbeats und auf den Weltmarkt horchenden Melodiebögen den musikalischen Expander viel weiter spannt. Zuhura Swaleh, die Königin des Taarab, der Hochzeitsmusik der Ostküste, übernimmt ihrerseits indische Klangatmosphäre, die durch die Schwemme indischer Filme in Afrika seit vielen Jahren dort jedem präsent ist. Dennoch bleibt ihre Musik sowohl in der Instrumentierung wie in der Umarmung alter Musik der Swahili viel näher am traditionellen Volksvergnügen Ostafrikas. Das kann aber natürlich kein Grund sein, in Hamburg nicht mit Tuten & Blasen aufzutreten. Was dabei herauskommt, kann nicht vorausgesagt werden.

Till Briegleb

Ali Hassan Kuban: 14. Mai, Fabrik 21 Uhr/ Zuhura Swaleh: 18. Mai, Fabrik, 21 Uhr