Ich muß rauf

■ Drop Zone: Ein Film jagt rasend vorwärts – und Wesley Snipes soll mit

Nach dem Erfolg von Speed scheint es so, daß ein moderner Actionthriller vor allem über Tempo, über Geschwindigkeit funktionieren soll. Wie aber wird Geschwindigkeit zu einem dramaturgischen Kernstück des Films? Und vor allem: Wie begründe ich sie? Im Bezug auf dieses Problem war die allgemeine Begeisterung um das Bungee-Jumping sicherlich nicht ohne Einfluß darauf, daß nun schon der zweite Fallschirmspringer-Thriller dieses Jahres auf dem Markt erscheint – liegt doch der Thrill des Bungee-Jumpings darin, sich einem natürlichen Fall auszusetzen, den allein das Seil noch stoppen kann.

In Drop Zone muß der Polizist Pete (Wesley Snipes) einer fallschirmspringenden Gangsterbande, wahren Künstlern des skydiving, das Handwerk legen. Die Spur führt ihn zu einer Art quasireligiösen Sekte von Fallschirm-Junkies. Und mit diesem Umfeld hat Geschwindigkeit auch schon seinen festen Platz in Drop Zone, der dabei nicht einmal einer künstlichen Erklärung bedarf. Denn einmal aus dem Flugzeug gesprungen, kommt der Speed qua Schwerkraft ganz von selbst, ist natürlich und einzig zu stoppen durch den Fallschirm oder eben einen harten Aufprall.

Zwangsläufig wird so Tempo bei Petes Ermittlungen nahezu allgegenwärtig. Auch in den Dialogen schlägt sich diese zentrale Position nieder, wenn beispielsweise Pete einen Kollegen im Zuge der Ermittlungen sarkastisch fragt: „Trainieren die beim FBI jetzt Geschwindigkeit?“, oder ein Experte erklären darf: „Niemand überlebt einen Absprung bei dieser Geschwindigkeit.“

Geschwindigkeit ist das Zentrum, ein Thema und zugleich der angestrebte Rhythmus, den Drop Zone über weite Strecken auch halten kann. Die logischen Ungereimheiten der Kriminalgeschichte unterstreichen dies lediglich – an den schwächeren Stellen wird die Anstrengung geradezu spürbar, den Übergang zur nächsten Fallschirmszene zu konstruieren.

Eben diesem Aufbau von Drop Zone ist es auch geschuldet, daß Pete, obwohl er seinen Fall genausogut vom sicheren Boden aus hätte lösen können, schließlich höchstselbst zum Fallschirmspringer werden muß. Die offizielle Begründung ist nebensächlich, klingt dabei aber fast so, als wollte Pete im Bewußtsein der Bedeutung von Geschwindigkeit für seinen Film damit zugleich die Struktur von Drop Zone offenlegen: „Ich kann das nur oben erklären. Ich fühle einfach: Ich muß rauf!“

Jan Distelmeyer