Atomgetriebener Freundschaftsbesuch

■ Greenpeace-Protest gegen britisches U-Boot / „Gefahr atomarer Katastrophe“ Von Sannah Koch

Die Empfangskapelle mußte sich zwei Stunden gedulden, bis sie zum Ständchen aufspielen durfte. Sie fror gestern mittag gemeinsam mit etlichen PresseverteterInnen und Polizisten zu Wasser und zu Land an der Überseebrücke – das britische Atom-U-Boot HMS Talent fest im Blick, das dort andocken wollte, aber nicht konnte. Denn zwischen Zaungästen und Bootsbesatzung hatten sich einige in noch kältere Gefilde gewagt: In der schmutzigen Brühe des Hafens dümpelten sechs AktivistInnen der Umweltweltschutzorganisation Greenpeace – angekettet an zwei Duckdalben. Mit dieser Protestaktion wollten sie das britische U-Boot zur Umkehr zwingen.

Vier Greepeace-Schlauchboote flitzten um das U-Boot herum, die Beluga ließ ihre Warnsirene aufheulen, ein Polizeihubschrauber kreiste knatternd über der Szenerie – ein wahrlich großer Bahnhof für das britische Unterseeboot, das für sechs Tage zum „Freundschaftsbesuch“ festmachen wollte. Es ist das dritte nukleargetriebene Boot, das Hamburg einen Besuch abstattet.

Für Greenpeace ist es jedoch eine „tickende Nuklearbombe“. Der Aufenthalt eines „Atom-U-Bootes im Herzen Hamburgs setzt die Bevölkerung der Gefahr einer atomaren Katastrophe aus“, warnte gestern der Atomexperte der Umweltschützer, Sven Teske – „Atomreaktoren auf See müssen verboten werden“, so seine Forderung. Laut Greenpeace schätzt selbst die Royal Navy das Unfallrisiko von Atom-U-Booten höher ein als das von Atomreaktoren an Land. Die Umweltorganisation hat seit 1962 allein bei britischen Schiffen 38 Unfälle gezählt. Darunter auch die HMS Talent: Bei einem Bruch einer Verbindungsleitung im Dezember 1989 seien auf einem englischen Werftgelände 120 Liter radioaktiven Wassers ausgelaufen.

Eine Gefährdung mochten aber weder der Hamburger Senat noch der Marineattaché der britischen Botschaft in Bonn, Walter Bishop, in dem Besuch der HMS Talent erkennen. Alle Sicherheits-Checks hätten ergeben, daß keine Gefahr von dem Boot ausgehe. Bishops lapidarer Hinweis: „Hamburg ist doch bereits von vier Reaktoren umgeben.“

Nachdem die Polizei zwei Stunden erfolglos versucht hatte, die Greenpeace-Schwimmer aus dem Wasser zu ziehen, brachen diese die Aktion selber ab. Die eintretende Ebbe mache ein Andocken notwendig, denn man wolle das Boot nicht gefährden, so die Begründung. Das Schiff ist für die HamburgerInnen übrigens nicht zugänglich.