Betr.: Antworten auf letzte Fragen

Trinken Fische? (4.10. 97)

Sicher hat niemand erwartet, daß sich alle Fische über einen Kamm scheren lassen. So müssen hier mindestens zwei Gruppen unterschieden werden: Salz- und Süßwasserfische. Im Meer lebende Schuppentiere trinken viel, nämlich zwischen 4 und 8 Prozent ihres Körpergewichts pro Tag. Die in gleicher Zeit ausgeschiedene Urinmenge ist bei diesen Tieren jedoch stets klein. Süßwasserfische trinken dagegen wenig bis gar nicht, urinieren aber viel.

Entscheidend dafür ist das Verhältnis der jeweiligen Salzkonzentration im Wasser zur Salzkonzentration in den Körperflüssigkeiten der Fische. Im Salzwasser wird den Tieren durch die dünnen Kiemen ständig Wasser entzogen, da die Blut-Salz-Konzentration bei den Meeresbewohnern nur 25 bis 50 Prozent der Salzkonzentration des Meerwassers beträgt, die Salze bleiben im Fisch zurück. Dieser Vorgang wird Osmose genannt. Zum Ausgleich für den Wasserentzug trinken die Meeresfische und scheiden die Salze vorwiegend mit dem Kot aus.

Bei Süßwasserfischen läuft die Osmose genau entgegengesetzt: Durch Kiemen und Mundschleimhäute dringt ständig osmotisch Wasser in den ansonsten wasserdichten Körper ein. Trinken ist somit nicht nötig, aber es muß trotzdem ständig uriniert werden. Aquarienbesitzer sollten als Konsequenz dieser Erkenntnis ihren schuppigen Lieblingen gelegentlich etwas Frischwasser im Austausch gegen Jauche gönnen.Jens Rasmussen, Kiel

Selbstverständlich trinken auch die Fische. Ich bin seit meinem 14 Lebensjahr Fischer. Zuletzt habe ich 20 Jahre lang auf der Havel gefischt. Fische müssen wie alle Lebewesen trinken, hinterher kommt es aber natürlich wieder raus.Franz Fox, Fischer, Berlin

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Warum essen wir zum Frühstück Marmelade, zum Abendessen jedoch Wurst und Käse? (4.10. 97)

Unser Wohlbefinden wird normalerweise vom Licht gesteuert. In unserem Gehirn werden die beiden Hormone Serotonin und Melatonin gebildet – das eine tagsüber, das andere nachts. Wenn wir morgens aufstehen, sorgt das Tageslicht dafür, daß die Serotonin- Produktion angekurbelt wird. Einer inneren Uhr gehorchend, produzieren wir das Serotonin, das uns fit für den Tag macht und wohlgelaunt stimmt. Andere Faktoren können die Serotonin-Produktion in unserem Hirn zusätzlich ankurbeln. Süßes, also Zucker, Marmelade, alles Kohlenhydrathaltige, also auch Kartoffeln oder Nudeln, haben diesen „Licht-Effekt“. Auch Kaffee wirkt und hilft, den Serotonin-Spiegel zusätzlich auf Trab zu bringen.

Am Abend beginnen wir das Serotonin in Melatonin umzuwandeln. Dieses Hormon macht uns schläfrig. Über Nacht wird das Serotonin in Melatonin umgebaut. Also brauchen wir morgens einen „Schub“ Licht, um auf Touren zu kommen, zusätzlich mögen wir Süßes. Gerade in der dunklen Jahreszeit, wenn es beim Aufstehen noch dunkel ist. Die Tradition der Marmelade am Morgen hat sich deshalb durchgesetzt, weil es uns damit gutgeht und ist wahrscheinlich einzig und allein mit diesen Wohlfühlmomenten begründet.

Wurst und Käse am Abend lassen sich ähnlich erklären. Eiweißreiche Nahrung macht müde und schläfrig. Wie das gute Stück Fleisch zum Mittag auch. Käse und Wurst bremsen also die Serotonin- Bildung. Wer munter bleiben will oder es wieder werden möchte, sollte lieber zu etwas Süßem greifen oder raus ans Tageslicht gehen. Nicht umsonst zum Beispiel wird am Nachmittag von vielen gern ein Stück Kuchen gegessen. Ulrike Gonder,

Ernährungswissenschaftlerin, Hochheim

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Wächst ein Nagel, den man in einen Baum schlägt, mit dem Stamm nach oben, oder wächst der Baum mehr teleskopartig, so daß der Nagel weitesgehend an der gleichen Stelle bleibt? (11.10. 97)

Da ich noch nie eingeritzte Herzen oder Namen weiter oben im Stamm gesehen habe, denke ich, daß auch der Nagel in etwa in der gleichen Höhe bleiben wird.Helga Pollmann

Es wäre doch recht sinnlos, Herzchen, Namen und Liebesschwüre in Stämme zu ritzen, wüchsen diese von unten auf. Man müßte in späteren Jahren hoch hinaufklettern, um die Dokumentation früherer Verliebtheit noch einmal betrachten zu können.Andreas Koch, Heidelberg

Ein Nagel aus Kupfer wird sich nach unten bewegen, nämlich mit der Fallbewegung des abgestorbenen Baumes.Roger Kühn

Wenn es ein Kupfernagel ist, wächst der Baum gar nicht mehr.Jörn Habenicht, FH Erfurt

Der Nagel wird sich weder nach oben noch nach außen bewegen, sondern wird langsam, aber sicher vom Baum umwachsen, so daß er im Inneren des Baums verschwindet. Ist die Verletzung stark (bei einem einzigen Nagel ja noch nicht anzunehmen), wird die Schwachstelle vom Baum nach dem Prinzip der Selbstoptimierung repariert. Bäume stecken in einem Dilemma, sie müssen rasch nach oben wachsen, um an das für die Fotosynthese notwendige Sonnenlicht zu kommen, andererseits darf dieses rasche Wachstum nicht auf Kosten der Stabilität gehen.

Ist eine Stelle hoher Belastung ausgesetzt, lagert sich dort so lange neues Holz an, bis der Baum sein inneres Gleichgewicht wiedergefunden hat und die gefährliche Biegebelastung abgebaut ist. Durch solch „intelligentes“ Wachstum werden bei vitalen Bäumen (Bäumen mit Überlebenswillen) kranke Stellen dadurch verstärkt, daß neben den faulen Bereichen Holz mit höherer Holzqualität angelagert wird, während Bäume, die aufgeben (resigniert haben) schlechte Holzqualität neben den Faulstellen zeigen.

(Zitiert nach Dr. Claus Mattheck: „Bionik 1, Bäume als Lehrmeister“)Christian Schulz, Diplombiologe,

Hannover

Der Nagel bleibt genau an der Stelle, an der er eingeschlagen wurde. Der Baum wächst nämlich nur nach oben. Die Spitzen wachsen ans Licht, die Krone wächst nach oben. Der Stamm unten wird dagegen immer nur dicker, Jahr für Jahr, Jahresring für Jahresring. Der Nagel bleibt also an Ort und Stelle, verschwindet höchstens mit den Jahren, weil er ganz einfach einwächst. Es ist wie mit Vogelnistkästen, die man einmal in zwei Meter Höhe anbringt. Die bleiben, wo sie sind, und wachsen auch nicht in den Himmel.Uwe Galonska, Revierförster, Ludwigslust (Mecklenburg-Vorpommern)

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Welcher physikalisch-chemische Vorgang führt dazu, daß Milch beim Kochen überschäumt? (11.10. 97)

Erhitzt man Milch, bewegen sich die Fetttröpfchen in ihr immer schneller, stoßen immer häufiger zusammen und verschmelzen. Bei Temperaturen über 80 Grad gerinnt das Kasein, das die Fetttröpfchen gegeneinander abgrenzt, so daß sie sich stabil im Wasser verteilen. Auf der Milchoberfläche bildet sich nun Haut, unter der sich der Dampf, der am Topfboden entsteht, zunehmend aufstaut. Schließlich wird die Deckschicht angehoben – die Milch läuft über. Das habe ich aus „Rätsel der Kochkunst, naturwissenschaftlich erklärt“ von Hervé This-Benckhard, erschienen im Springer-Verlag, 1996.Steffen Wippel

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Was ist besser: In einem schönen Haus zu wohnen und auf ein häßliches zu gucken oder das Gegenteil? (27.9. 97)

Das frage ich mich derzeit auch. Wir suchen nämlich eine neue Wohnung, die nicht nur größer, sondern auch schöner als unser derzeitiges Domizil sein soll. Und mit Balkon! Es gibt aber verschiedene Balkönger. Manche gehen auf einen Parkplatz oder schweben über einer Schnellstraße. Oder die Variante, wo vor dem Balkon im Erdgeschoß eine Litfaßsäule und eine Telefonzelle aus dem Boden wachsen. Was nützt mir da die in den Boden eingelassene Badewanne, wenn ich mich nur im Wintermantel auf dem Balkon sonnen kann (oder besser gesagt: schatten).

Imke Kuck, Bielefeld