Ein politischer Erfolg

Als die Ausstellung Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944 in der Hamburger Kampnagelfabrik vor zweieinhalb Jahren erstmals zu sehen war, ahnten wohl selbst die Mitarbeiter vom Hamburger Institut für Sozialforschung nicht, daß sie für die politisch umstrittenste Schau der jüngsten Zeit verantwortlich zeichnen würden. Das Lob für den aus dem von Jan Philipp Reemtsma angestoßenen Projekt Angesichts unseres Jahrhunderts. Gewalt und Destruktivität im Zivilisationsprozeß hervorgegangenen Beitrag über die größte organisierte Gruppe des Dritten Reichs fiel fast einhellig aus.

Die Zeit, die schon Jahre zuvor die gleiche Diskussion führte und dennoch über ihr bildungsbürgerliches Klientel hinaus kaum Resonanz erzielen konnte, schrieb zur Ausstellungseröffnung schlicht: „Da zerrinnt die Legende von der ,sauberen Wehrmacht‘, die, fern von allen Naziverbrechen, nur tapfer und treu das Vaterland verteidigt hat.“

Proteste alter Kameraden und von Traditionsverbänden gegen die Ausstellung und ihre wissenschaftliche Begleitung blieben zunächst aus – das Institut für Sozialforschung hatte damals noch den Status einer Denkfabrik des Undergrounds – da lohnte noch kein Protest.

Das sollte sich ändern: Die Schau wurde in Berlin, Potsdam, Stuttgart, Freiburg, Mönchengladbach, Essen, Erfurt, Regensburg, Karlsruhe, Nürnberg und München ebenso gezeigt wie in den österreichischen Städten Klagenfurt, Wien und Linz. 180.000 Menschen haben sie bisher gesehen. Die Goldhagen- Debatte tat im Frühjahr vorigen Jahres ein übriges, weite Teile der Öffentlichkeit für eine Auseinandersetzung um die Rolle der Wehrmacht beim Völkermord in Osteuropa zu interessieren.

Hinzu kam, daß die gesellschaftliche Rechte schließlich doch noch intervenierte, und zwar immer dann, wenn die Ausstellung nicht nur in Museen, sondern in Rathäusern gezeigt wurde: Das war – wie sich in München zeigte – dem nationalkonservativen bis nazisympathisierenden Milieu zu offiziös.

Bis 1999 wird die Ausstellung – die die Soldaten nicht pauschal verurteilt, aber die Verbrechen der Wehrmacht genau dokumentiert – noch in mehreren Städten gezeigt werden, vom 25. Oktober an in Konstanz (bis 26. November), danach vom 2. Dezember bis 1. Januar 1998 in Graz, schließlich vom 17. Januar bis 1. März kommenden Jahres in Dresden. JaF

Weitere Informationen und (Ton- und Text-)Materialien: Institut für Sozialforschung, Mittelweg 36, 20148 Hamburg, Fon: (040) 41 40 97-0