Zuwenig, zu spät, zu teuer

■ Grüne kritisieren Verlängerung der Tram zum Eckernförder Platz in Wedding. Das von Rot-Grün geplante Projekt legten SPD/CDU acht Jahre lang auf Eis: "Blockade gegen Straßenbahn"

Seinem Erzrivalen Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) und dessen Verwaltung gönnt der grüne Verkehrsexperte Michael Cramer keinen Triumph. Am nächsten Samstag wollen Verkehrsverwaltung und BVG mit großem Bahnhof die Verlängerung der Straßenbahnlinien 23 und 24 in Wedding vom Louise- Schroeder-Platz zum Eckernförder Platz feiern. Das findet auch Cramer prima, aber „wir wären nicht wir, wenn wir nichts zu meckern hätten“, erklärte er gestern. Und Kritik am Ausbau der Straßenbahnlinie gibt es von grüner Seite eine ganze Menge: Zu spät, zu teuer und kein richtiger Netzschluß sei die Baumaßnahme, heißt es.

Der erste Teil der Verlängerung nach Westen war pünktlich kurz vor der Abgeordentenhauswahl im Oktober 1995 bis Louise- Schroeder-Platz in Wedding eröffnet worden. Dem ging eine jahrelange Verschleppung voraus, moniert Cramer. Denn schon kurz nach dem Mauerfall beschloß die damalige rot-grüne Koalition insgesamt 17 Millionen Mark für die Verlängerung der Tram von Ost nach West. Die große Koalition habe dies mit Hinweis auf ein fehlendes Gesamtkonzept für Straßenbahnen aber abgeblasen. Parlament, Verkehrsverwaltung und der Bezirk Wedding hätten die Verlängerung der Strecke weiter verzögert. Mit der jetzt anstehenden Verlängerung der Strecke um 5,4 Kilometer bis zum Eckernförder Platz werde diese bisher einzige Straßenbahn von Ost nach West „erst im achten Jahr nach Fall der Mauer realisiert“.

Auch die Kosten für den Bau sind nach Cramers Ansicht viel zu hoch. So koste der Kilometer etwa 20 Millionen Mark – „erheblich über den Preisen anderer Städte wie Freiburg oder Karlsruhe, die mit fünf bis zehn Millionen angegeben werden“. Auch habe die Verwaltung ohne Not die komplette Neuverlegung der Leitungen unter der Trasse selbst finanziert und dafür die Unternehmen wie Bewag und BWB nicht herangezogen.

Schließlich kritisiert Cramer, daß die neue Tram an einem Autobahnzubringer endet. Zwar sei das Rudolf-Virchow-Krankenhaus angebunden worden, doch mit ein wenig Mehraufwand hätte die Tram über die Beusselbrücke geführt werden können. Dort hätte sie dann den S-Bahnhof Beusselstraße anbinden können, der im nächsten Jahr den Betrieb aufnehmen soll.

Erklärlich sei diese Verzögerung nur aus einer „Blockadehaltung“ von Verkehrsverwaltung, CDU und weiten Teilen der SPD. „Der Senat glaubt sich alles leisten zu können, nur nicht eine – wenn auch nur vermeintliche – Beeinträchtigung des Autoverkehrs.“ Bernhard Pötter