Ein grünes Wahlprogramm – viele grüne Meinungen

■ Einige der Programmpunkte, die innerhalb von Bündnis 90/Die Grünen umstritten sind

Das Programm der Bündnisgrünen für die Bundestagswahlen liegt seit Montag dieser Woche in einem ersten Entwurf vor. Erarbeitet worden ist es federführend vom Bundesvorstand der Partei.

Einen Tag bevor das Programm öffentlich vorgestellt wurde, gab es schon den ersten hausinternen Krach. Joschka Fischer, Chef der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, kritisierte den außenpolitischen Teil als dürftig und prophezeite damit für die Bundestagswahlen 1998 einen „großen Absturz“. Umstritten in der grünen Außenpolitik sind mehrere Punkte des Wahlprogramms: die Halbierung der Bundeswehrstärke auf 150.000 Soldaten innerhalb von vier Jahren; ihre nochmalige Halbierung in weiteren vier Jahren. Als langfristige Ziele werden die Abschaffung der Armeen und die Auflösung der Nato genannt; die Ostwerweiterung der Nato wird abgelehnt.

Auch über einige Punkte im wirtschafts- und finanzpolitischen Teil des Programmentwurfs gibt es Streit in der Partei. Einige stoßen sich an grundsätzlichen Aussagen (die Kohl-Regierung „predigt – einer Sekte gleich – den Kapitalismus als Erfüllung der Geschichte“) und fordern, im Programm auf „Klassenkampfparolen“ zu verzichten. Umstritten sind einige Instrumente zur Vermögensbesteuerung.

Die Vermögenssteuer soll in Höhe von 1 Prozent wieder eingeführt und der Steuersatz für Vermögen über zwei Millionen Mark nach einem progressiven Tarif bis zu 2,5 Prozent erhöht werden. Die vorgeschlagene Einführung der Tobin-Steuer – eine Umsatzsteuer auf Devisengeschäfte – in der Europäischen Union wird von Realos in der Bundestagsfraktion als „schlicht undurchführbar“ bezeichnet. Als zentralen Kritikpunkt benennen einige das Fehlen der Vermögensbeteiligung von Arbeitnehmern.

Ihr Programm endgültig verabschieden wollen die Grünen auf einem Parteitag im März 1998 in Magdeburg. Jens König