Entscheidungen zur Bank gebracht

■ Steilshooper Firma Ortmann+Herbst steht vor dem Verkauf. Oder vor dem Konkurs

Noch einmal stakst die Firma vor ihren Begutachterinnen auf und ab. Sie dreht die Taschen nach außen und knickst. Ein neues Kleid, hofft sie, und etwas Geld: Schon sehe das Unternehmen besser aus. Doch die Begutachterinnen zaudern.

Den ganzen Tag lang haben gestern mehrere Banken über ein Konzept diskutiert, mit dem die Steilshooper Firma Ortmann+Herbst vor dem Konkurs gerettet werden könnte – samt ihrem Mutterkonzern Kettner im bayerischen Rosenheim. Der scheint zwar mittlerweile einen Käufer gefunden zu haben: die italienische Firma Sasib Beverage. Sasib möchte den Kaufvertrag aber nur unterschreiben, wenn die Gläubiger-Banken den italienischen Sanierungsideen zustimmen. Wie die genau aussehen, wissen außer Sasib bisher nur Firmenchef Max Kettner und die Banken. Sie verhandelten nach taz-Redaktionsschluß immer noch.

Die Hamburger MitarbeiterInnen erwarten die Ergebnisse skeptisch. „Das Sanierungskonzept ist zwar ratifiziert“, erklärt Detlef Hartmann, Vertrauensmitarbeiter bei Ortmann+Herbst. Wie jedoch die Strategie und der spätere Kaufvertrag aussehen, wisse die Belegschaft nicht. Werden alle Firmen-Standorte erhalten bleiben? Und wann bekommen die Hamburger ArbeiterInnen und Angestellten ihren Lohn für September und Oktober?

Der Betriebsratsvorsitzende Heinz Sorgatz wandte sich gestern in einem Offenen Brief an die Presse: Wenn Sasib den Konzern übernehme und wenn „hierdurch der größte Teil der Belegschaft gerettet würde, wäre dies für alle Standorte der Kettner/Ortmann+Herbst-Werke die beste Lösung“, meint er. In diesem Fall dürften die Angestellten ein Jahr lang nicht entlassen werden.

Sorgatz ist gegen eine sogenannte „nationale Lösung“, wie sie bayerische PolitikerInnen vor einigen Tagen kreiert hatten. Soll heißen: Eine deutsche Firma übernimmt Kettner oder Teile des Konzerns – am besten die Münchener Krones AG. Krones ist Marktführerin in Sachen Getränke-Maschinen. „Wir sind nicht im Rennen“, sagte jedoch ein Vorstandsmitglied gegenüber der taz. Man sei zwar interessiert, aber Max Kettner habe ausschließlich mit Sasib verhandeln wollen.

Und diese Gespräche ziehen sich. „Wir hoffen bald auf ein positives Ergebnis“, versprüht Kettner-Sprecher Manfred Rückstein Optimismus. „Die Gespräche befinden sich in der entscheidenden Phase“, sagte gestern abend Wolf Cormelius, Geschäftsführer bei Ortmann+Herbst. Lange kann der Kettner nicht mehr auf eine Entscheidung warten: Spätestens in der kommenden Woche muß das Unternehmen Konkurs oder Vergleich anmelden, wenn Sasib den Konzern nicht kauft. Ungeachtet voller Auftragsbücher und obwohl insgesamt 2000 MitarbeiterInnen vergangene Woche in Hamburg, Dortmund und Rosenheim für ihre Arbeitsplätze demonstrierten. Judith Weber