An- und Einpassung, wohin man sieht

■ betr.: „Es fehlt ein grünes Bad Go desberg“, Kommentar von Severin Weiland, „Außenpolitik spaltet Grüne“, taz vom 14.10. 97

[...] Nach wie vor habe ich den Eindruck, daß Militärmacht ein wenig wirksames, teures und allzuoft unmenschliches Mittel zum Erhalt des Friedens ist. Gleichzeitig sind die Pläne, nach denen die Bundeswehr den deutschen Zugang zu Rohstoffen sicherstellen soll, und ähnliche neokolonialistische Ideen keineswegs vom Tisch – eher sind sie schon der wahre Grund, warum es derartige Truppen noch gibt. Ich finde es daher richtig, wenn die Grünen fordern, Bundeswehr und Nato aufzulösen.

Daß sich diese Forderung in einer Koalition kaum wird durchsetzen lassen, ist zwar richtig – aber gibt das schon ein Argument dafür ab, sie gleich fallenzulassen? Immerhin brächte eine klare Position wenigstens Chancen, zunächst einmal ein wenig davon durchzusetzen. Wählerstimmen wird eine klare Position auch kaum kosten: Viele gehen gerade deshalb nicht zur Wahl, weil sie ohnehin keine klaren Unterschiede zwischen den Parteien sehen und nicht bereit sind, ihre Stimme völlig prinzipienlos KandidatInnen zu geben. Und wer dazu bereit ist, der wird allemal eher für die bewährten SchönrednerInnen von CDU und SPD stimmen als für die Grünen, die ihm auch bei noch soviel „Anpassung“ suspekt erscheinen werden. [...] Mark Obrembalski, Oldenburg

Die Auflösung der Nato und die Abschaffung der Bundeswehr als perspektivisch-langfristige Ziele von Bündnis 90/Die Grünen sind Grundsteine „grünen“ Selbstverständnisses, egal ob und wie weit das heute und morgen, gar noch eventuelle 1998–2002 bei „Rot- Grün“ realisierbar ist oder nicht, und wenn Joschka Fischer damit nicht (mehr) leben kann, müßte er eigentlich die Konsequenzen selbst ziehen – und austreten!

Was ich an Politikern wirklich hasse, ist, daß sie in eine Partei eintreten, die den Grundkonsens „A“ hat, dann diesen aktiv „modifizieren“ und „spezifizieren“ über „B“ „C“ etc., bis am Ende das genaue Gegenteil herauszukommen droht – also „Z“. Was ist da – außer ihrer persönlichen Karriere – noch von „A“ übriggeblieben in der ununterbrochenen „Anpassung an das Gegebene“? Übrigens ist meines Erachtens im Grunde das gleiche (graduell verschieden) bei SPD und PDS im Gange – damit es keine Mißverständnisse gibt. An- und Einpassung, wohin man sieht. Volker Wirth, Berlin