■ Mit ostdeutschem Bergrecht auf du und du
: Kein Kies für den Kies

Freiburg (taz) – Die sozialistische Kieswirtschaft in Ostdeutschland durfte auch nach der Wiedervereinigung fortgeführt werden. Dies entschied gestern das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe und nahm die Verfassungsbeschwerden von zahlreichen GrundstückseigentümerInnen aus den neuen Ländern erst gar nicht zur Entscheidung an.

Anders als in der BRD gehörte der Kies im DDR-Boden nicht den EigentümerInnen des jeweiligen Grundstücks, sondern dem ganzen Volk. Diese Rechtslage wurde im August 1990 durch eine Verordnung der Regierung de Maizière in die neue Gesellschaftsordnung überführt und durch den Einigungsvertrag bestätigt. Wer nun im Osten Kies abbauen wollte, konnte von der Treuhand die Kiesrechte erwerben.

Nach Angaben des Hamburger Anwalts Volkmar Blume entgehen den rund tausend betroffenen GrundeigentümerInnen Einnahmen in Milliardenhöhe. 1996 wurde zwar die ostdeutsche Rechtslage dem Westrecht angeglichen, eine Rückwirkung wurde jedoch ausgeschlossen. Das heißt, daß die von der Treuhand abgewickelten Verkäufe bestehenbleiben und die Möchtegern-EigentümerInnen dafür keine Entschädigung erhalten. „Die Masse der Abbaurechte ist längst verteilt“, kritisiert Michael Kleine-Cosack, der gemeinsam mit Blume die KlägerInnen in Karlsruhe vertrat.

Auch vor dem Verfassungsgericht hatten die EigentümerInnen der ostdeutschen Kiesgrundstücke keinen Erfolg. Nach Ansicht der roten Roben liegt nämlich gar kein Eingriff in das Eigentum vor. Schließlich sei der Kies schon zu DDR-Zeiten aus dem Grundstückseigentum ausgegliedert worden, und dies könne nicht dem Verantwortungsbereich der Bundesrepublik zugerechnet werden.

Auch die Ungleichbehandlung von west- und ostdeutschem Kieseigentum nach der Wiedervereinigung fand beim Verfassungsgericht keine Kritik. Sie sei durch „gewichtige Gründe“ gerechtfertigt gewesen; man habe die Rohstoffversorgung der ostdeutschen Bauindustrie sichern wollen. Die KlägerInnen hatten zwar geltend gemacht, daß auch sie den Kies an die Bauindustrie verkauft hätten. Allerdings wären dabei, so das BVerfG, die „zahlreichen ungeklärten Eigentumsverhältnisse im Beitrittsgebiet“ hinderlich gewesen.

Klägeranwalt Kleine-Cosack: „An dieser Regelung hat vor allem Herr Waigel verdient.“ Christian Rath

(Az.: 1 BvR 647/91 u. A.)