"Liebe taz..."Kein Pardon für engagierte Pfleger -betr.: "Alte Menschen am Bett gefesselt", taz-Bremen vom 14.10.1997

Betr.: „Alte Menschen ans Bett gefesselt“, taz vom 14.10.97

Die Bremer Heimstiftung hat im Juli diesen Jahres einem Altenpfleger fristlos gekündigt. Dem Bericht war zu entnehmen, daß er maßgeblichen Anteil daran hat, daß das Nachtwaschen abgeschafft wurde, die BewohnerInnen weniger Psychopharmaka schlucken mußten und ihnen im Rahmen eines sogenannten „Nachtcafes“seit vielen Jahren Gelegenheit geboten wurde, besondere sportliche Ereignisse wie z.B. Fußballweltmeisterschaften und Olympische Spiele im Fernsehen zu sehen oder auch nur mit den KollegInnen zusammenzusitzen, um zu reden. Die alten Menschen konnten selbst entscheiden, wann sie zu Bett gehen. Ein Vorgang, der nicht alltäglich in der Altenpflege ist.

Damit hat sich der Kollege nachhaltig, konsequent und erfolgreich für die Interessen der ihm anvertrauten alten Menschen eingesetzt.

Wir wissen, wie schwer es ist, Änderungen im Heimalltag zu erreichen, wenn sie nicht von Vorgesetzten diktiert, sondern u.U. gegen deren Widerstand durchgesetzt werden müssen. Sieben Jahre Tätigkeit als Betriebsrat, noch dazu als aktiver Gewerkschafter, bedeuten eine Vielzahl von Auseinandersetzungen mit Vorgesetzten, Geschäftsleitung und leider auch ewig gestrigen Kollegen. Vor diesem Hintergrund sehen wir die Hatz auf ihn und seine Kündigung. Daß die Bremer Heimstiftung als größter Träger von Alteneinrichtungen in Bremen und mit dem Image behaftet, fortschrittliche Altenarbeit anzubieten, so mit einem langjährigen Mitarbeiter umspringt, noch dazu den bereits zugesagten Heimplatz für seine Mutter wieder streicht, ist skandalös. Der Arbeitsgerichtsprozeß wird hoffentlich deutlich machen, daß derartiges Arbeitgeberverhalten vor den rechtsstaatlichen Instanzen keinen Bestand hat.

Werner Schulz, für die ÖTV-Gruppe Lilienthal