■ Vorschlag
: Enthüllende Feststellungen – „Ganz oder gar nicht“ in diversen Kinos

Hemdlos in Sheffield Foto: Verleih

Die Herrenstrippertruppe Chippendales haben die Ausziehkunst auch für den männlichen Körper showfähig gemacht haben. Gleich zu Beginn des Films dürfen sie dies vor einem begeisterten weiblichen Publikum in einer dieser nordenglischen Kleinstädte demonstrieren. Und diese Kleinstadt wiederum ist von etwas befallen, was man hier wie dort Arbeitslosigkeit nennt. Wie eine alte Küchenmaschine steht der lokale Schornstein abgeschaltet in der Ecke und mit ihm das Personal. „Ganz oder gar nicht“ spielt wie „Brassed off“ im britischen Arbeitermilieu und beide entnehmen dem Schmuddel- Kultfilm „Trainspotting“ ihren jeweiligen Hauptdarsteller.

Die absurde Grundsituation von „Ganz oder gar nicht“ beginnt, als Gaz (Robert Carlyle), nicht ohne Neid auf die im Rampenlicht stehenden Männer aus Übersee, beschließt, den begeisterten Frauen einheimische Ware statt des Imports anzudrehen. Ähnlich den vier Bremer Stadtmusikanten, die scheinbar zu nichts mehr zu gebrauchen sind, formiert er eine Truppe auch sechs arbeitslosen Stahlarbeitern zu einem Show-act perfekter Entblößung. Entsprechend der Choreographie eines Strips werden wir auf ein großes Finale heiß gemacht. Aber wer sind die sechs Leute, was sind ihre Geschichten oder Gefühle? Wie bei dem älteren Vorarbeiter, der sich für Gartenzwerge begeistert und nicht wagt, seiner Frau die bittere Wahrheit seiner Entlassung zu beichten, bleibt vieles Klischee. Die unbeholfene Nachahmung des glatten Showbizz verliert die tragisch-reale Komponente und übrig bleiben flache Gags und hektischer Aktionismus. Nur die Erwartung des endgültigen Auftritts kann uns über so manche Durststrecke im zweiten Drittel hinweghelfen.

Und was sehen wir schließlich von den strippenden Arbeitslosen? Da werden auf der Bühne die Dicken nach hinten und die Attraktiveren nach vorn gestellt. Durch Schnittfolge, Klangteppich und Glitter werden aus den Amtateuren Profis gemacht, die kaum vom Original zu unterscheiden sind. Und als dann die letzten Fetzen fallen, werden wir auch noch durch die Rückenansicht um das so angepriesene Gemächte der Männer betrogen. Niemals hätte sich eine Frauentruppe so aus dem Film mogeln können. Und da die Männer parallel zur Kunst des Entkleidens kaum an Farbe gewonnen haben, bleibt die enthüllende Feststellung aus einem anderen Märchen: Aber die sind doch ganz nackt! Na und? Timothy Grossman

Termine siehe cinemataz