Kondome und Wein auf Bestellung

■ Kurierdienste bringen alles ins Haus, was nicht niet- und nagelfest ist. Gut im Dienstleistungsrennen liegen Tee, Champagner, Kosmetik und Blumen

Das Leben könnte so bequem sein. Hat man keine Zeit, aber ein Telefon, ist die Sache mit dem Einkaufen schon geritzt. Ein Anruf beim bestsortierten Warenhaus der Stadt, dem KaDeWe, genügt, und schon ist der Kühlschrank voll, frische Brötchen inbegriffen. Wer vor dem ersten Biß einen genaueren Blick auf das Gelieferte riskieren möchte, macht sich besser auf die Suche nach seinen Kontaktlinsen. Sind keine zu finden, wähle man die Nummer vom Augenoptiker seines Vertrauens. Die meisten Geschäfte liefern umgehend ein Ersatzpaar, vorausgesetzt, der Blindfuchs zahlt die Lieferkosten. Und so geht es immer weiter: Im Zeitalter flexibler Arbeitszeiten und mangelnder Einkaufsgelegenheiten zwischen fünf Terminen haben Lieferservices aller Art Hochkonjunktur. Blumen kommen über Fleurop und andere Zustelldienste. Kosmetik bringt die Avon-Beraterin, und wer keine Lust zum Kochen hat, ruft den nächsten Take-away-Service an.

Selbst Tee und Kondome sind telefonisch zu ordern. Via Tee- Hotline kommen die 1-Kilo-Pakete innerhalb von drei Stunden zur häuslichen Teekanne. Zu verdanken ist der Service dem Fair- trade-Projekt „Teekampagne“, das damit seinen oftmals schlecht funktionierenden Vertrieb optimieren möchte. „Da wir den Zwischenhandel ausschalten und direkt verkaufen, sind wir sehr günstig“, so Conrad Bölicke-Steffens von der Teekampagne. Kunden, die sich den Tee per Fahrrad liefern lassen, kämen immer noch viel günstiger weg als Einkäufer im Supermarkt um die Ecke.

Für den gleitenden Geschlechtsverkehr ohne Engpässe beim Kondomvorrat sorgt mit Erfolg der Kondom-Mix in Prenzlauer Berg. Hier rufen vor allem Privatkunden an, die zu faul sind, zur nächsten Apotheke zu marschieren. Über 120 Sorten hat Geschäftsinhaber Georg Schmidt im Angebot. „Die meisten brauchen keine Beratung, die wissen, was sie wollen“, so Mitarbeiter Detlef Schneider.

Je nach Entfernung zum Kunden gehen die Kondome auf zwei oder vier Rädern auf die Reise. Auffällige Werbetexte wie zum Beispiel „Berliner – hier kommen Eure Kondome“ sind tabu. „Wir müssen diskret bleiben, schließlich soll nicht jeder mitkriegen, was wir liefern“, sagt Schmidt.

Zwei bis drei Touren kommen für die Fahrer von Kondom-Mix pro Woche zusammen. Geliefert wird am gleichen Tag. Wer gleich zehn Packungen bestellt, bekommt die Gummis sogar frei Haus. Auch der Schampus kommt unter Umständen kostenfrei ins Haus, vorausgesetzt, es wird nicht nur eine Flasche geordert. Im Schöneberger Fachgeschäft Maison de Champagnes sind telefonische Orders keine Seltenheit. „Eine Flasche für sieben Mark liefern wir natürlich nicht so gern, aber sonst ist alles möglich“, so Inhaber Andreas Holst. Bis 19 Uhr nimmt das Geschäft Bestellungen entgegen. Danach müssen die Kunden mit der Tankstelle vorliebnehmen. Oder sie sind Stammkunden. An sie liefert der Geschäftsmann auch zu späterer Stunde. Christine Berger