Bürgerrechtler für Rausschmiß Nigerias

■ Regierung und Opposition des suspendierten Nigeria werben auf dem Gipfeltreffen von Edinburgh um die Gunst des Commonwealth

Berlin (taz) – Bei den Beratungen des Commonwealth-Gipfels über Nigeria wäre Nigerias Regierung liebend gern dabei. Obwohl die Commonwealth-Mitgliedschaft des Landes seit 1995 suspendiert ist, wird eine offizielle Delegation aus Nigeria eine Stunde vor Beginn des Gipfels in Edinburgh eintreffen und, so heißt es offiziell, versuchen, sich Gehör zu verschaffen. „Über Nigeria sollte nicht in seiner Abwesenheit gerichtet werden“, schrieb Außenminister Tom Ikimi in einem Brief an den Commonwealth-Generalsekretär Emeka Anyaoku, der ebenfalls Nigerianer ist. Die Regierungsdelegation werde Edinburgh nach Ende der Nigeria-Beratungen gleich wieder verlassen, versprach der Minister und fügte hinzu, die Suspendierung Nigerias vom Commonwealth vor zwei Jahren sei Ergebnis eines „Komplotts“.

Am 11. November 1995 hatte der Commonwealth bei seinem letzten Staatengipfel im neuseeländischen Auckland Nigerias Mitgliedschaft für zwei Jahre suspendiert. Einen Tag vorher waren neun Bürgerrechtler, darunter der Ogoni-Schriftsteller Ken Saro- Wiwa, in Nigeria erhängt worden. Die Suspendierung war ein Kompromiß nach erregten Debatten, in denen verschiedene Staaten einen sofortigen Ausschluß Nigerias gefordert hatten, und bedeutete in der Praxis die Verschiebung eines eventuellen Ausschlusses um zwei Jahre. Viele nigerianische Bürgerrechtler fordern nun, den Ausschluß Nigerias aus dem Commonwealth diesmal endlich zu vollstrecken.

„Der Commonwealth sollte Nigeria rausschmeißen“, sagt Lazarus Tamana, Sprecher der Ogoni- Bürgerrechtsbewegung Mosop, gegenüber der taz. „In Auckland wurde gesagt: Wenn Nigeria gewisse Bedingungen nicht erfüllt, sollte es ausgeschlossen werden. Wir gehen nach Edinburgh, um ihnen zu sagen, daß sie tun sollten, was sie damals angekündigt haben.“ Nur dann könne der Commonwealth auch weiterhin ernst genommen werden. Nach Meinung der Opposition sind zwar Regierungen wie die von Großbritannien, Kanada oder auch Uganda für einen Rausschmiß Nigerias – aber der Großteil der afrikanischen Mitgliedsstaaten, darunter auch Südafrika, blockierten das. „Mit den Afrikanern haben wir die größten Probleme“, meint Tamana, äußert sich aber „optimistisch“, daß die Lobbyarbeit der Opposition daran noch etwas ändern könne. „Wir werden ihnen sagen, daß sie das nigerianische Volk verraten.“

Lobbyarbeit betreibt aber nicht nur Nigerias Opposition. Sani Abacha, Chef der nigerianischen Militärjunta, reiste am Montag in das westafrikanische Gambia, um den dortigen Militärherrscher Yahya Jammeh zu treffen. Jammeh putschte sich 1994 mit nigerianischer Hilfe an die Macht und stimmte 1995 im Commonwealth gegen Nigerias Suspendierung. Er soll nun Nigerias Position in Edinburgh vertreten. Ferner hofft Nigeria darauf, daß seine militärischen Aktivitäten zum Sturz der ebenfalls vom Commonwealth suspendierten Militärjunta in Sierra Leone auf ein positives Echo stoßen – die britische Regierung steht an der Spitze des internationalen Drucks auf Sierra Leone, die Macht an die im Mai gestürzte zivile Regierung zurückzugeben, und unterstützt offiziell die nigerianisch geführte Militärblockade des kleinen westafrikanischen Landes. Dominic Johnson