■ Mit Froschembryonen auf du und du
: Elegante Hintertür

Berlin (taz) – Gentechniker an der Universität im englischen Bath haben es geschafft, Froschembryonen nach ihren Wünschen zu manipulieren: Sie schalteten bestimmte Gene im Frühstadium der Entwicklung aus und schufen so – je nach Wunsch – Wesen ohne Kopf, ohne Beine, ohne Schwanz, meldete die Londonder Sunday Times am Sonntag. Dies wurde weltweit als Sensation gehandelt – nicht weil es ein besonderer wissenschaftlicher Durchbruch wäre, sondern weil es vielleicht manchen Genkonzernen und -forschern hilft, rechtliche Hindernisse wegzudiskutieren.

Schon bisher war es gelungen, bei Fruchtfliegen oder Fischen die für die Körperentwicklung entscheidenden „Homeobox-Gene“ zu manipulieren. Fliegen mit zwei Brustkörben waren zum Beispiel das Ergebnis. Weil die Evolution bestimmte Mechanismen in den Chromosomen und Genen über die Artgrenzen recht gut konserviert hat, sind verschiedene Arten relativ ähnlich manipulierbar. Wer also die Genmanipulation kennt, die beim Frosch die Bildung von Gehirn und Kopf unterdrückt, der kennt auch den entspechenden Weg beim Säugetier.

„Es ist gut vorstellbar, daß der Froschversuch beim Menschen ähnlich funktioniert“, meint Herbert Jäckle, Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen. Dann könnten Embryonen manipuliert werden und so ohne Kopf heranwachsen. Die Spekulation: Ein solcher Embryo gilt dann nicht mehr als Mensch, schließlich hat er kein Hirn. Damit könnte er als Ersatzteilreservoir für innere Organe sowie Finger oder Arme dienen.

Für Herbert Jäckle wäre dieser Embryonenmord allerdings ethisch untragbar, wenn auch auf anderem Wege längst machbar. „Wir könnten hirnlose Embryos auch jetzt schon heranzüchten, indem die richtigen Nervenstränge in einem Frühstadium der Entwicklung unterbrochen werden.“ Experimente an Embryonen verbietet allerdings das Embryonenschutzgesetz, und das nicht nur in Deutschland. Die neue Qualität der Genversuche laut Jäckle: „Sie sind eleganter, kein Chirurg muß zum Messer greifen.“

Patrick Dixon, bekannt in den USA für seine ethischen Betrachtungen zur Gentechnik, sah allerdings im Nachrichtensender CNN die Nutzung von kopflosen Menschenklonen für die Transplantationsmedizin in fünf bis zehn Jahren kommen. „Die Nachfrage ist überwältigend. Die Techniken werden in Ländern entwickelt werden, wo es wenig oder gar keine beschränkenden Gesetze gibt“, sagte Dixon. Er forderte deshalb einen dringenden Weltgipfel zur Biotechnologie, um internationale Einigkeit bei den Gesetzen zu erzielen. rem