USA verpesten das Verhandlungsklima

US-Präsident Clinton will die Treibhausgase bis zum Jahr 2010 nur stabilisieren, dafür aber die Entwicklungsländer stärker zur Verantwortung ziehen. Damit bleibt er hinter dem schwachen Vorschlag Japans zurück  ■ Von Matthias Urbach

Berlin (taz) – Die Vereinigten Staaten haben einen deutlich schwächeren Vorschlag für den Klimaschutz vorgelegt als die EU und Japan. Danach sollen sich die Industriestaaten lediglich verpflichten, ihren Ausstoß an Treibhausgasen bis 2010 auf dem Niveau von 1990 zu stabilisieren und erst danach zu vermindern. Ein EU- Sprecher nannte den US-Vorschlag „schlicht und einfach nicht gut genug“. Er bleibt sogar hinter dem vielkritisierten japanischen Vorschlag zurück. Der sieht im selben Zeitraum eine Verminderung von drei bis fünf Prozent vor.

US-Präsident Bill Clinton wollte die Vorschläge gestern abend nach Redaktionsschluß vor der Nationalen Gesellschaft für Geographie in Washington detailliert vorstellen. Wie zuvor aus Regierungskreisen bekannt wurde, soll der Mittelwert des Ausstoßes klimaschädlicher Gase der Jahre 2008 bis 2012 das Niveau von 1990 nicht mehr überschreiten. Nach dem Jahr 2012 will Clinton damit beginnen, den Ausstoß zu reduzieren. Genannt wurde eine Senkung von fünf Prozent bis zum Jahr 2017. Wie verbindlich diese Senkung vereinbart werden soll, blieb gestern noch unklar. Die USA sind der weltgrößte Produzent von Treibhausgasen: 1994 verantwortlich für ein Viertel des Ausstoßes.

Außerdem setze sich Clinton für handelbare Verschmutzungslizenzen ein, hieß es weiter aus US- Regierungskreisen. Die Idee dabei ist, daß Betriebe, die ihren vorgeschriebenen Ausstoß unterschreiten, das verbliebene „Verschmutzungsrecht“ an andere Firmen gewinnbringend verkaufen. Mit diesem Prinzip bekämpfen die USA bereits den sauren Regen.

Zusätzlich verlangt Clinton mehr Beteiligung der Entwicklungsländer beim Klimaschutz: Für sie gelten bisher nur allgemein formulierte, qualitative Ziele – sie sollen regelmäßig Aktionsprogramme formulieren, ihre Wälder schützen und erneuerbare Energien fördern. Die USA möchten diese Pflichten konkretisieren. Schätzungen zufolge könnte zum Beispiel China schon in 20 Jahren die USA als größten Verschmutzer überholen.

In Bonn, wo derzeit die letzte Vorbereitungsrunde für den Klimagipfel im Dezember im japanischen Kioto tagt, wurde der langerwartete US-Vorschlag zunächst nicht kommentiert. Man wolle die Rede Clintons abwarten, hieß es am Rande der Tagung der Delegierten aus rund 160 Ländern. Sie müssen den bisher rund 50 Seiten starken Protokollentwurf auf ein in Kioto verhandelbares Maß zurechtstutzen. In Brüssel dagegen sagte der Sprecher von EU-Umweltkommissarin Ritt Bjerregaard, Peter Jörgensen: „Aus dem Weißen Haus muß mehr kommen, wenn die USA ihrer globalen Verantwortung in Umweltdingen gerecht werden wollen.“

Die EU hatte vorgeschlagen, die Industriestaaten sollten den Ausstoß der wichtigsten Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Lachgas bis 2010 um 15 Prozent senken. Der weitestgehende Vorschlag kommt bislang von der Allianz der kleinen Inselstaaten: eine Verminderung um 20 Prozent bis 2005.

Dem WWF zufolge ergab eine Studie des renommierten Tellus- Instituts in Boston, daß die USA ihren Kohlendioxidausstoß bis zum Jahr 2010 um 21 Prozent verringern könnten.

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